Geschichten aus der Straßenbahn: Wippen - Wuppen - Wamsen



Als vor 25 Jahren meine Grün - Weißen ihre dritte Meisterschaft in einem grandiosen Spiel, das mit 3:0 bei den ungeliebten Schwaben des VFB Stuttgart klar machten, weil die Bayern zeitgleich in Gelsenkirchen mit einem 3:3 einen Punkt verspielten, war in der Hansestadt an der Weser natürlich die Hölle los. Die Fans flippten völlig aus. Bereits einen Samstag vorher feierte die Werder - Anhänger ein 5:0 gegen den Nordrivalen aus Hamburg. Die Bazis um Hoeness witterten - wie immer, wenn es gegen den FC Bayern lief - eine Manipualtion und wetterten öffentlich gegen das " Betrugsspiel ".

Den Tausenden Werder - Fans und mir konnten die Bazi - Pöbeleien nüscht anhaben. Vom Glück beseelt fuhr ich gegen 18.00 Uhr mit der Linie 2 der BSAG in Richtung Domsheide und von dort mit der " 5 ", die bis Bremen - Arsten verläuft, bis zur " Gneisenaustraße ".
Die Bahnen waren brechend voll. Überwiegend fuhren Werder - Fans in die Kneipen, um die Meisterschaft zu feiern.
Die Fahrten verliefen dennoch friedlich, auch wenn einige der SVW - Anhänger bereits stark angetrunken waren.

Wenn die Heimspiele des Bremer Fußballklubs anstehen setzt die BSAG so genannte Sonderzüge und Busse ein. Das war natürlich auch damals schon der Fall. Zumeist handelte es sich dabei um ältere Bahnen, die in ihrem typischen sandfarbenden Anstrich auch noch in den 1990ern eingesetzt wurden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Straßenbahn_Bremen#Fahrzeuge
Die Bahnen waren im Vergleich zu den heutigen hoch modernen Niederflurzügen anders konstruiert und bestanden aus einem Zugfahrzeug sowie einem Anhänger.Diese Fahrzeuge oder Züge waren mit einer speziellen Federung ausgestattet. Und just diese Technik war nicht völlig risikolos.

Als ich eines Abends aus einer Besprechung bei einem Kollegen aus dessen Büro Am Dobben in Richtung Parkplatz schlenderte, traute ich meinen Augen nicht. Auf der Strecke zwischen dem Haltepunkt " Auf dem Peterswerder ", dem heutigen Haltepunkt " Weserstadion " und dem Hauptbahnhof, schlich ein Sonderzug mit Werder - Fans an mir vorbei, der sich wie eine funktionierende Kinderwippe von links nach rechts neigte. Und zwar derart bedrohlich. dass ich mit weit aufgerissenen Augen dem wippenden Wagon hinterher sah, weil ich vermutete, dass er jeden Moment umkippt.

Aus den geöffneten Fenstern des Wagons dröhte der Singsang: " Wir wollen wippen, wippen, wippen; wollen wippen! "

Dem Straßenbahnfahrer muss es höchst wahrscheinlich Angst und Bange geworden sein. Seine
Straßenbahn schlich mit den wippenden Werder - Fans am " Dobben " vorbei und drohte jeden Moment umzukippen.

Doch: Die singende und wippende Meute brachte die alte Straßenbahn nicht zum Umkippen und wippte und wippte und wippte - bis zum Ziel, dem Bremer Hauptbahnhof.


Was hier vielleicht noch lustiges, übermütiges Verhalten, eventuell als Unfug bezeichnet werden kann, endete dann aber auch schnell in eine schmerzhafte oder auch blutige Auseinandersetzung. So mancher Fahrgast kann davon ein Lied singen, weil er / sie sich zum falschen Zeitpunkt in eine Straßenbahn setzte, die dann von eben auch falschen Fahrgästen genutzt wird.

Als ich an einem Vormittag einen Gerichtstermin hatte und deshalb die Straßenbahn zur Domsheide nutzte, saß ich in dem nur mäßig besetzten Zug irgendwo in der Mitte; in der Nähe des Ein - und Ausstiegs. Ich hatte ein " SPIEGEL " - Heft aus meinem Pilotenkoffer heraus genommen und las dort einen Artikel, als schräg neben mir zwei türkischstämmige Jugendliche einstiegen. Sie unterhielten sich in ihrer Landessprache, die ich natürlich nicht verstand. Die Unterhaltung wurde immer lauter und offensichtlich bestand sie aus wüsten Beschimpfungen und unflätigen Ausdrücken, denn kurz vor der nächsten Haltestelle sprang vor mir ein kräftiger, größerer Mann, der mutmaßlich auch aus der Türkei stammte auf, schnellte auf die beiden Jugendlich zu, ergriff ihren Kragen, riss sie von den Sitzen hoch, drückte den Türöffner der Straßenbahn, wartete bis sich die Tür geöffnete hatte, schlug die beiden türkischen Jungen mit ihren Köpfen gegeneinander und warf beide aus der Straßenbahn.

Der kräftige Mann wartete, nicht erst, bis sich die Tür wieder geschlossen hatte, sondern setzte sich in aller Ruhe wieder auf seinen Platz. Nachdem er die beiden Jugendlichen heraus gewuppt hatte, las er in aller Ruhe in einer türkischen Zeitung, als sei nichts gewesen. Nachdem ich an der " Domsheide " die Bahn verlassen hatte, überlegte ich noch, warum der Mann die beiden Jungs heraus gewuppt hatte. Ich vermutete, dass sie sich abfällig über andere Fahrgäste ausgelassen hatten und dem Mann dieses missfallen hatte.

An einem anderen Morgen fuhr ich mit der Linie 2 nach Gröpelingen, um dort einen Mandanten im Knast zu besuchen. Zuvor stieg bei der Domsheide aus, um noch einige Gerichtswege zu erledigen. Ich nahm dann den nächsten Zug der Linie 2 und stieg dieses Mal in den hinteren Wagon ein. Dort befanden sich kaum andere Fahrgäste und ich konnte mich auf einem Doppelsitz mit meinem Koffer und den Akten ausbreiten. Im hinteren Bereich bemerkte ich zwei beinahe gleich aussehende jüngere Frauen. Sie hatten ihre beiden Kinderwagen in der Nähe des Ein - und Ausstiegs abgestellt und standen mit dem Rücken zum Heckaufbau in dem Zug. Sie glotzen mich bereits beim Einsteigen irgendwie dämlich an, weil ich wegen eines penetranten Geruchs, der aus ihrer Richtung nach vorne in den Wagen waberte, die Nase rümpfte,

Die beiden dicklichen oder propperen jungen Frauen hielten ein in Verkaufspapier und Folie eingepacktes Stück Sülze in den Händen und wamsten sich am Morgen diese kalorierenreiche Speise genüsslich rein.
Der penetrante - strenge Sülzegeruch erreichte alsbald auch die Nase einer türkischen Frau, die einige Sitze vor mir Platz genommen hatte. Die füllige Türkin, in dem einst typischen Outfit mit Mantel und Kopftuch, begann in ihrer Landessprache zu zetern. Sie wurde dabei mit jedem Satz lauter. Dann drehte sie sich wütend zu den beiden dicken Müttern um und meckerte diese auf Türkisch voll. Sie fluchte, zeterte und echauffierte sich über die beiden dickbäuchigen deutschen Frauen derartig, dass ihr Mann intervenierte, sie an den Schultern packte und wieder in Fahrtrichtung drehte.

Einige Haltestellen später stiegen die beiden Sülze - Frauen mit ihren Kinderwagen aus. Der strenge Geruch verflog, nachdem die Türkin zudem das Fenster geöffnet hatte.

Als ich den restlichen Weg zum Knast zurück legte, überlegte ich mir, warum sich die türkische Frau so echauffiert hatte. Des Rätsels Lösung erklärte mir später ein türkischer Mandant: Die stinkende Sülze ist ein Produkt aus der Schweineschlachtung und Schweine geltend, u.a. neben Hunden, im Islam als unrein.
Wer Schweinefleisch isst, verunreinigt sich deshalb.

Nun, ja, mir wäre es prinzipiell egal gewesen, ob die beiden fetten Mütter eine Portion Fritten, eine Currywurst mit Pommes rot - weiß oder einen Doppel - Whopper in sich rein gewamst hätten, der hätte wenigsten weniger gestunken als die Schweinskopfsülze.

Seit vielen Jahren ist der Verzehr von Speisen und Getränken in den Bussen und Bahnen - nicht nur in Bremen - untersagt. Warum wohl?


" Robb & Pott " - " Prophecy # 1 " - " The Once Upon The Wings " - 2016:







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