Wo gibt´s denn so was?





Spaziergänge haben eigentlich etwas beruhigendes. Je nach Wetter, kann der Mensch viele Dinge, die er vielleicht sonst leicht übersehen wird, weil er in der Hektik des Alltags einfach keinen Blick dafür hat, wahrnehmen. Selbst wenn die Örtlichkeiten dabei gleich bleiben, die Strecke nahezu identisch bleibt, ist es dem Spaziergänger durchaus möglich, immer wieder neue Eindrücke zu erhalten.

Da lief ich vor einigen Tagen mit dem zur Pflege zurück belassenen Labrador in Richtung des Oberschleißheimer Berglwald. Der Hund kannte die Strecke nahezu in und auswendig. Sie führte uns über die Alleestraße, die Johann - Schmid - Straße und Nelkenstraße in die Eschenstraße; dort, wo sich vis - as´-vis der Valentinspark befindet.

Es ist auch in Unterschleißheim, etwa 30 Kilometer östlich der bayrischen Landeshauptstadt und zirka eine halbe Autostunde von dieser entfernt, längst Herbst geworden. Die Bäume, Sträucher und Büsche haben ihr Blattkleid bunt gefärbt und entledigen sich des einstigen Sonnenschutzes. Überall rieselt das farbige Laub auf den Boden herab. Ein farbenfroher Anblick, der sich dem Spaziergänger jetzt bietet.

In Höhe der Einmündung zu der Adalbert - Stifter - Straße sah ich einen dieser gelben Briefkasten, den es zuhauf auch in anderen Städten gibt. Doch nur etwa einen Meter davon entfernt, hatte die Telekom eines der öffentlichen Karten - Telefonapparate installiert. Ich sah mir den schon ramponierten Aufbau genauer an. Der Hörer ließ bereits Risse und Abplatzungen an der so genannten Sprechmuschel erkennen. Wo rohe Kräfte sinnlos walten....

Beim näheren Betrachten des Aufbaus erinnerte ich mich an die 1990er Jahre. An die Hochzeit der moderneren Modelle von öffentlichen Münzfernsprechzellen, die alsbald - wegen der massenhaften Aufbrüche der Aufbauten, in denen sich die Münzbehälter befanden - dann sukzessive durch bargeldlose Geräte, in deren Schlitze Telefonkarten eingeschoben werden mussten, um sie in Betrieb zu setzen.

Telefonkarten waren zu jener Zeit nicht nur beliebte Sammelobjekte oder Geschenke, sondern sie waren auch ein weiterer Einstieg in den bargeldlosen Zahlungsverkehr. Es gab sie in Werten von zunächst 12 und 24 DM; später dann von 12 bis zu 50 DM.

Doch auch diese Plastikkarten waren alles andere, nur nicht fälschungssicher. Und so fanden findige Tüftler schnell heraus, wie diese bunten Karten manipuliert werden können. Schnell gelang es, diese zu reproduzieren und damit den kostenlosen Zugang zu dem Netz der Telekom zu finden. Es entstand damit ein noch größerer Schaden für den Telekommunikationsriesen.

Mit dem Einzug der mobilen Telefonie, schwand das Interesse an dem Erwerb dieser Plastikkarten und mit ihr, der geplante Ausbau des öffentlichen Fernsprechnetzes. Der rosa - weiße Gigant demontierte seine Einrichtungen so schnell, wie er sie aufgebaut hatte.


https://de.wikipedia.org/wiki/Telefonkarte_(Deutschland)


So dachte ich an die Telekom der 1990er; an den alerten Dr. Ron Sommer und seine Fantasien beim Aufbau des Kolosses und die Werbung für die Aktien des Riesen durch die einstigen " Tatort " - Schauspieler Manfred Krug und Charles Brauer, die sich - in Unkenntnis der wahren Umstände bei dem Börsengang der Telekom - vor den Ochsenkarren spannen ließ, um auch den Laien mit wenig Einkommen, die Moneten aus der Tasche zu luchsen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Telekom#Die_.C3.84ra_Sommer

Nun, das ist lange her und auch wohl vorbei. Doch der Münzfernsprecher an der Eschenstraße in Unterschleißheim ist vielleicht so ein Stück Nostalgie. Eine Reminiszenz an die Goldenen Zeiten des Kommunikationskonzerns, der zu jenen Jahren sich nicht mit lästiger Konkurrenz rechnen musste. Der vormalige Monopolist diktierte - mit staatlicher Unterstützung - die Preise auf dem Markt.


" Londonbeat " mit; " I´ve been thinking about you " ( 1990 ):





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