" Ich hörte, Sie haben sich selbstständig gemacht. Das geht schlecht oder gar nicht! "





Über den Schweizer Dramaturg, Schriftsteller und Maler Friedrich Dürrenmatt ist mindestens so viel geschrieben, wie er selbst an Werken hinter lassen hat. Er wäre am 5. Januar 2016 exakt 95 Jahre alt geworden. Doch der bekannte Eidgenosse verstarb am 14. Dezember 1990 in Neuenburg.


Zuvor aber legte er mit Mühe und Not die Matura ab, studierte Philosophie, Naturwissenschaften und Germanistik an der Universität Bern, die er - ohne die geplante Dissertation auch nur anzufangen - 1946 verließ, um Schriftsteller zu werden.


In diesem Genre war er bis zu seinem Tod tätig. 

https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_D%C3%BCrrenmatt



1985 wurde sein Roman " Justiz " veröffentlicht. Ein Buch, das - wenn auch von einem oder gerade weil, von einem Nicht - Juristen geschrieben - die heute noch existenten, verschlungenen Pfade, die Irrwege und Sackgassen in der Dritten Gewalt, nahezu lupenrein wieder gibt. Auch wenn die Handlungen sich ausschließlich in der Schweiz abspielen, so lässt sich die Dürrenmatt´sche Aussage, die hinter ihnen steht, die Justizschelte, die schallenden Ohrfeigen, die der Literat dabei regelmäßig verteilt, jederzeit Eins zu Eins auf die Bundesrepublik Deutschland und auch andere Länder der Welt übertragen.  



https://de.wikipedia.org/wiki/Justiz_(D%C3%BCrrenmatt)


Im Jahr 1993 wurde es als ein deutsch - schweizerisches Gemeinschaftsprojekt verfilmt, in dem der  Hans. W. Geißendörfer die Regie führte.



https://de.wikipedia.org/wiki/Justiz_(Film)



Am 9. Januar 2016 wiederholte der Gemeinschaftssender 3sat diesen Film in Anlehnung an den Dürrenmatt - Roman und sendete danach eine Dokumentation über den Schweizer.


Wer die Dritte Gewalt als eine abstrakte Säule des Demokratie - Hauses bezeichnet, der hat das dortige Innenleben nicht kennen gelernt. Ein solch tragendes Element kann nur deshalb sein, weil viele Funktionsträger mit den anderen zwei staatlichen Bereichen eng verwoben sind. Und gerade dieses wird in den Film " Justiz " über deutlich. Nicht einmal übertrieben sind eben jene Handlungen und Ereignisse, die der - in der Ich - Form - erzählende, junge Rechtsanwalt hier beschreibt.


Wer mit den Wölfen heult, der wird in dem Rudel auch beschützt. Wer sich als einsamer Wolf versteht, der verhungert. So ist der - allerdings im Zeitraffer - skizzierte Ablauf eines rechtskundigen Träumers, wie ihn die Romanfigur Dr. Felix Spät zweifelsohne abgibt, keine übertriebene Darstellung.


Als Frischling hat der zunächst einen Broterwerb bei dem renommierten Zürcher Rechtsanwalt Stüssi - Leupi erhalten. Er schlägt sich dort mit jenen Fällen herum, die der eitle Kanzleichef selbst nicht mehr bearbeiten möchte. Profane Rechtsstreitigkeiten eben. Zudem wird Dr. Spät zum Dienstboten, zum Kalfaktor von Stüssi - Leupi, zum Zuarbeiter, degradiert. Während Spät die Grobarbeit für wenig Geld verrichtet, streicht Stüssi - Leupi die Lorbeeren ein.


Mit dieser Situation unzufrieden macht sich Dr. Spät selbstständig. Als " Bettkantenanwalt ", der eine Bruchbude in einem herunter gekommenen Wohnhaus in der Zürcher Innenstadt gemietet hat, wartet er fortan auf Mandanten. Die bleiben aus. Sein einstiger Chef indes hat einen Namen und kann sich vor Aufträgen kaum retten. Der einflussreiche Issak Kohler, ein Regierungsrat, der später wegen Mordes zu 20 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wird, ist von dem Können des jungen Rechtsanwalts Spät überzeugt und versucht diesen für das Wiederaufnahmeverfahren des Strafprozesses zu gewinnen. Zudem verliebt sich Spät auch noch in dessen Tochter, zu der Kohler ein inzestuöses Verhältnis hat. Die beeinflusst ihn dahingehend, zumindest die Vorbereitungen für den Wiederaufnahmeantrag durchzuführen. Spät bekommt dafür viel Geld von Kohler, der ihm danach ein Nobel - Büro in Zürich und jede Menge Mandanten zuschustert. Die Kanzlei brummt. Spät indes kommen Zweifel an der Stellung von Regierungsrat Isaak Kohler ( exzellent von Maximilian Schell verkörpert ), der zu einem sehr wohlhabenden Mann in der Zürcher High Society aufgestiegen ist.


Als er sich weigert, die Vertretung des Kohler in dem tatsächlich durchgeführten Wiederaufnahemverfahrens vorzunehmen, lässt Kohler ihn gegen die Wand laufen. Dr. Spät muss die Kanzlei aufgegeben, verliert seine Zulassung wegen Vermögensverfalls und will sich später dafür an Kohler rächen. Als er in das piekfeine Restaurant geht, um Kohler mit einer zuvor erhaltenen Pistole zu erschießen, hat dieser durch den Zürcher Polizeichef, der ihn in seiner Dachkammer besucht hatte, entfernen lassen. Dr. Spät wird angeklagt, jedoch danach freigesprochen und fristete darauf sein Dasein als kleiner Justitiar in einer Kantonsgemeinde.


" Die Gerechtigkeit, junger Freund, wohnt in einer Etage, die der Justiz nicht zugänglich ist ", hatte Regierungsrat Kohler ihm einst entgegnet, als dieser seinen Standpunkt von Recht und Rechtsanwendung versuchte darzulegen.


Aufstieg und Fall eines jungen, ehrgeizigen, aber völlig naiven Rechtsanwalts, wie er vollkommen realistisch als Dr. Spät in dem Roman von Friedrich Dürrenmatt beschrieben wird, liegen so dicht beieinander, dass die meisten Mitstreiter des Recht ausübenden Berufes, gar nicht bemerken, wie der Abstieg schleichend das Leben vereinnahmt.


Wie formulierte es Regierungsrat Isaak Kohler in dem typischen Schweizer - Deutsch noch gleich gegenüber dem zugelassenen Dr. Spät?

" Ich habe gehört, Sie haben sich selbständig gemacht! Das geht schlecht oder gar nicht! " 

So ist es immer noch!




( Vgl. " DER SPIEGEL ", 45 / 1983:

 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14022266.html

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