Cartier, Rolex, Omega und Co. Fakes für wenig Geld.



Als in den späten 1980er Jahren die östliche Welt vor einem Umbruch stand, als die UdSSR und mit ihr die sozialistischen Bruderländer bald einen Wandel vollziehen würden und als der Warschauer Pakt danach aufgelöst wurde, da hatte sich in der noch Volksrepublik Polen ein gewisser Lech Walesa längst den Status eines Martyrers gegen die repressive Staatsmacht erworben. Der Anführer der Gewerkschaft Solidarnosc und seinen Getreuen nagten seit 1980 beharrlich an den Grundfesten des polnischen Systems und ließen sich auch nicht durch das am 13. Dezember 1981 von General Jaruzelski proklamierte Kriegsrecht, mit dem er einer - wohl geplanten - Invasion der Warschauer Pakt Truppen zuvor kam, beirrten. Walesa wusste die Katholische Kirche Polens und die Bevölkerungsmehrheit hinter sich und drückte gegen die Machthaber um den General mit der prägnanten Halbglatze sukzessive Reformen durch.

Ob es nun diese Veränderungen im Inneren oder die Gorbatschow´sche  Politik des " Glasnost " und " Perestroika " war, die später dann zur Implosion der UdSSR und der Löslösung sowie Öffnung anderer Satellitenstaaten von ihr, war, kann dahin gestellt bleiben. Fakt ist, dass es den - im Vergleich zu anderen Bruderländern - noch relativ gut gehenden Polen, mit der Beendigung des sozialistischen Experiments der Planwirtschaft, Jahre später ökonomisch an den Kragen ging.

So entstand in dem Land eine Schattenwirtschaft, in der auch mit illegal eingeführten Produkten aus Asien, vornehmlich aus Taiwan, ein florierender Handel betrieben wurde. Was in den westlichen Ländern untersagt war, nämlich der Import von Plagiaten, dass ließen die polnischen Verantwortlichen gewähren. Deshalb zog es in den späten 1980er Jahren viele BRDler in Richtung Polen, wo verbotene Geschäfte mit plagierten Waren abschlossen. Immerhin konnte dadurch der an der Pleite stehende Staat durchaus Devisen aus dem Westen einkassieren. Gezahlt wurde nämlich damals in harter DM.

Als ich eines Tages über einen späteren Mandanten eine Uhr der Marke " Rolex " angeboten bekam, hielt ich diese Offerte für einen Witz. Eine " Rolex " für 49,90 DM in Gold? Das ist so. als würde Weihnachten mit Ostern und dem Geburtstag auf ein Datum fallen. Unmöglich!

Nun, der Mandant K. aus Bremen - Huchting hatte tatsächlich eine Vielzahl von Uhren in einem Lederkoffer, den er vor meinen Augen aufklappte. Es waren auch Chronometer der Marken " Cartier ", " Omega " und " Rolex ", die er mir zeigte und in die Hand nahm, doch es waren Imitate. Allesamt illegal in Fernost hergestellt und über Polen nach Westdeutschland eingeführt.

Ich nahm so ein Monstrum von " Rolex " in meine Hand und schaute auf den Uhrendeckel. Dort waren tatsächlich irgendwelche Zahlen und Buchstaben eingraviert. Dennoch schien mir die Sache nicht ganz koscher. Als K. dann weitere Markenuhren auf den Tisch legte, konnte ich nicht widerstehen. Ich legte eine etwas weniger klobige, eher dezentere, elegantere Armbanduhr um und sah sie mir genauer an. In dem unter Drittel des Zifferblatts, dass durchaus außergewöhnlich aufgemacht war, stand der Name " Cartier ". Gut, wo " Cartier " drauf steht, muss auch " Cartier " drin sein.

Ich zog mein dünnes Portemonnaie aus der Hosentasche und legte einen 50 DM - Schein auf den Tisch. " Okay, nehme ich!", sagte ich zu K. und ließ die Uhr gleich an meinem linken Handgelenk. Fragen stellte ich keine mehr. Wer viel fragt, weiß später zuviel und das ist in der Juristerei manchmal nicht so gut.

Es vergingen mehrere Wochen. An irgendeinem Abend des Sommers 1988 traf ich K. zufällig in Huchting wieder. Er grüsste staatsmännisch aus einem schon recht betagten, aber dafür sehr elegant aussehenden Mercedes Benz 250 mit Schiebedach und Sportfelgen. " Junge, wo hast´e den denn her? ", wollte ich von ihm wissen. " Na, vom Gebrauchtwagenhändler in Kirchhuchting, um´me Ecke, hier!", sagte er in einem leicht großspurigen Ton. " Tolle, Karre. ", gab ich ihm noch mit, ehe er die Scheibe an der Fahrertür wieder herunter kurbelte und davon jagte.

Monate später erschien K. bei meinem Kollegen Christian und legte dort eine Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bremen auf den Tisch. Er wollte sich von ihm verteidigen lassen, weil K. an der damaligen DDR - Grenze von westdeutschen Zollbeamten kontrolliert worden war und er, neben Zigaretten, sowie alkoholischen Getränke sowie Parfüms, eben auch mehrere Plagiatsuhren bei sich geführt hatte.
Der ganze Schmus wurde nicht nur nachversteuert, sondern zum Teil konfisziert.  
K. sollte nämlich gewusst haben, dass die Uhren sowie auch das Parfüm gefakt waren, plagiert eben, also illegal hergestellt. K. bestritt dieses zwar, aber seine Karten waren eher schlecht, denn, selbst in Polen lassen sich Markenartikel nicht für einen Bruchteil des sonst geforderten Preises kaufen.

Es kam, wie es kommen musste, K. wurde wegen Abgabenhinterziehung und Bannbruchs - noch - zu einer Geldstrafe unter 90 Tagessätzen verurteilt, obwohl seine Strafregister eine Vielzahl von Eintragungen auswies. Dank meines Kollegen kam K. mit einem blauen Auge davon.  Den einst florierenden Uhrenhandel stellte K. nach dem er vom Zoll erwischt worden war, sofort ein. Den dicken Daimler musste er verkaufen und lebte schon bald von der Sozialhilfe. Ein vorprogrammierter Abstieg auf Raten.

 Das " Cartier " - Plagiat trug ich trotzdem weiter an meinem Arm. Schließlich konnte ja niemand wissen, dass das Ding unecht war. Doch nach etwas mehr als einem Jahr stand das gute Stück still. Die Batterie war leer und musste ausgetauscht werden. Alle Versuche, dieses ohne einen Uhrmacher dafür zu beauftragen, schlugen fehl. So legte ich die Armbanduhr in eine Schublade und kaufte mir eine Original " Junghans " - Armbanduhr mit einem Titan - Armband. Nicht gerade billig, aber dafür echt. Eher zufällig erzählte mir ein Bekannter, dass er ebenfalls ein Plagiat einer " Rolex " gekauft hatte und der Uhrmacher ihn zwar vorwurfsvoll anschaute, als er den Klotz zum Batteriewechsel auf den Tresen legte, diesen dennoch durchführte und ihm dafür glatte 6 DM abknöpfte. Das Problem der Plagiatsuhren war nämlich, dass zum Öffnen des Deckels ein Spezialschlüssel erforderlich war, der eine mörderische Größe hatte.

Von dem Bekannten so informiert, fuhr ich zu jenem Uhrmacher und legte die Plagiats - " Cartier " zum Batteriewechsel auf den Ladentisch. Der Meister sah sich das Stück an, schüttelte leicht den Kopf und fragte mich in einem vorwurfsvollen Tonfall: " Wo ham´se das Ding her? "
" Geschenkt bekommen. ", log ich ihm vor.
" Dass die nicht echt ist, wissen Se´? ", sagte der Mann zu mir, ehe er in seine Werkstatt ging und bei halb geöffneter Tür, die Uhr just mit dem Mörder - Schlüssel öffnete, um die Batterie zu wechseln.

Nach zwei bis drei Minuten kam er wieder und legte die Fake - " Cartier " auf eine gepolsterte Unterlage. " So, das macht 6 Mark, bitte! ", sagte er. Ich zückte die Geldbörse und legte den Betrag auf den Tresen. Er betätigte seine Kasse, die einen Bon heraus spuckte. " Ihre Quittung. Die Batterie war teurer als die Uhr? Oder? ", stellte er mir leicht grinsend und aus Spass, die Frage. " Jau, fast!", antwortete ich ihm und verließ das Geschäft.

Als die Uhr nach mehr als einem weiteren Jahr erneut still stand, legte ich sie endgültig in die Kommode und trug sie nicht mehr.  Die Original - Uhren hätte ich mir eh in meinem Leben nie leisten können. So hatte die Bekanntschaft mit dem Halunken K. doch auch eine gute Seite.


K. sah ich seit jenem Strafverfahren in Bremen auch nie wieder.


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