Renault 4 oder: Ein alter Gartenstuhl steht in Istrien.



Als ich im Dezember 1972 meine Fahrerlaubnis der Klasse 3 vorlegen konnte, war mein Wunsch natürlich der, alsbald einen eigenen PKW zu besitzen. Nun, zu jener Zeit war die Auswahl nicht gerade groß. Die schon damals als Nobelmarken geführten Hersteller Mercedes Benz oder BMW kamen eh nicht in Betracht. Zu teuer und zu kostspielig in der Unterhaltung. Andere Modelle , wie jene von VW waren mir zu bieder, zu deutsch. Fiat - Autos galten - neben den übrigen italienischen Anbietern - als fahrende Rostlauben. Also entschied ich mich für ein Mittel zwischen alledem: einen Renault. Zumindest galten diese Modelle als einigermaßen Zuverlässig.

Weil ich zudem auch hier nicht zu viel Geld ausgebe wollte, fiel meine Wahl auf einen Renault R4. Der besaß einen großen Kofferraum, war im Benzinverbrauch im unteren Mittelfeld und es gab ein breiteres Gebrauchtwagenangebot.


Mein erster R4 hatte eine rote Lackierung, einen 34 PS - Motor sowie eine 6 Volt - Stromversorgung. Deshalb funktionierte hier einiges an elektrischen Anlagen etwas langsamer. Der Blinker klickte beim Bedienen, wie ein altes Leuchtfeuer an der Nordseeküste, die Scheibenwischer bewegten sich wie eine Schnecke auf Wanderschaft und beim Starten des Motors musste ich erst eine Choke ganz heraus ziehen, ehe die 34 PS - Maschine überhaupt ansprang.

Diese antike Technik begleitete mich über 3 1/2 Jahre, dann machte der Motor eines Wintertages ganz schlapp. " Kolbenfresser " nannte sich die Diagnose, weil das Kühlwasser bei minus 16 Grad zu Eis gefroren war und die Schläuche vom Kühler zum Ausgleichsgefäss platzten. Aus der Traum.

Ich kaufte mir für 500 DM einen alten VW - Käfer und gurkte in der Übergangszeit damit zur FOS nach Stadthagen, zum " Minchen " nach Bückeburg und zur Musikkneipe " Kanbach " nach Münchehagen.  Dann kam die Abschlussprüfung im März 1976. Ich kaufte mir im Sommer jenes Jahres den zweiten R4 und stieß den ungeliebten VW 1200 schleunigst - sogar für 650 DM - wieder ab.

Diese Mal war es ein lindgrüner Renault 4 mit 34 PS, einer 12 Volt - Stromanlage und leicht verbesserter Innenausstattung. Den Choke zum Starten des Motors gab es immer noch, auch die typische " Revolverschaltung " für das 4 - Gang - Getriebe und die klappbare Rückbank, mit der sich der Kofferraum auf das dreifache vergrößern ließ. Aber, das nagelneue Modell hatte abnehmbare Kopfstützen, strapazierfähige Sitzbezüge und die verpflichtenden 3 - Punkt - Sicherheitsgurte für die beiden Frontsitze.

Nach mehr als 85.000 Kilometer Fahrleistung schlitzte eine auf einer Raststätte rechts an mir vorbei jagender Klein - LKW das Chassis des lindgrünen R4 vollkommen auf. Meine Schuld führte dazu, dass ich im Spätherbst 1979 einen Sonnenblumen gelben R4 als Gebrauchtwagen erwarb. Das gute Stück hatte zwar seine besten Jahren bereits hinter sich, begleitete mich aber dennoch bis zum Herbst 1980 und weiteren 30.000 Kilometern, ehe die Bodenbleche durch gerostet waren. Dieses geschah bei dem Renault R4 zwischen 6 bis 7 Jahren und führte dann zu faustgroßen Löchern im Unterboden, durch die der Straßenbelag während der Zuckelfahrt deutlich zu erkennen war.

Der letzte R4 war ein azurblauer mit wiederum verbesserter Ausstattung. Es gab auf im Rücksitzbereich zwei abnehmbare Kopfstützen, drei Sicherheitsgurte und eine abnehmbare Kofferraumabdeckung. Zudem war die berühmte Metallkurbel, die über eine Aussparung in der Front - Stoßstange in den unteren Bereich des Motors eingeführt werden konnte, um die ewig andauernden Startprobleme zu beheben, nicht mehr vorhanden.

Auch dieser R4 kam nicht ohne größere Lädierungen durch seine beinahe 7jährige Nutzungszeit. Irgendwann im Sommer 1983 nahm mir auf der Rückfahrt von der Diskothek " Aladin " in Bremen - Hemelingen, eine Fahranfängerin bei dem Versuch links von einer Straßenkreuzung abbiegen zu wollen, die Vorfahrt und rauschte mir in den Kotflügelbereich des PKW hinein. Der Schaden war zwar übersehbar, aber als- inzwischen profunder Kenner der Renault 4 - Technik - wusste ich, dass spätestens nach 4 Jahren der ausgetauschte Kotflügel heftig an zu rosten beginnen würde. Also war auch die Nutzungsdauer dieses letzten R 4 zeitlich begrenzt.

Nachdem mir dann noch zwei Mal ein 800 DM teures Stereo - Kassetten - Radio gemopst wurde, gab ich meinen R4 mit über 90,000 Kilometern Fahrleistung im Frühjahr 1987 in Zahlung und stieg auf Mazda um.

So begleitete mich der Renault 4 über 14 Jahre in meier " wilden " Zeit von Schule und Studium.

Just diese Erinnerungen kamen mir, als ich auf einen unserer Spaziergänge durch Bale in Kroatien ein paar - auch schon längst ausrangierte - Modelle auf diversen Grundstücken stehen sah.
Eigentlich wurde die Produktion des Modells schon vor mehr als 20 Jahren , nämlich genau 1992 für Mitteleuropa eingestellt.


http://de.wikipedia.org/wiki/Renault_4

Tatsächlich, gibt es die Kleinwagen von Renault, die die Form eines blechernen Gartenstuhls haben könnten, immer noch. Im Süden des Kontinents vermehrte, denn dort scheint die Sonne öfters, es gibt keinen harten Winter mit Streusalz und Frost, der den dünnen Blechmantel angreift und die Menschen auf dem Land dieser südlichen Staaten scheinen doch genügsamer zu sein.

Denn: Eine Freunde ist eine Fahrt mit dem Gartenstuhl keineswegs. Es rumpelt, hoppelt und poltert auf den Schlaglochsuchstrecken jener Länder gewaltig. Und weil R4 eben eine Autofahrerphilosophie ist, machen dem Eigentümer dieses Gefährts auch die ständig neuen Begleitgeräusche keine ernsthaften Sorgen, weil man kommt immer an; fragt sich aber: " Nur, wann? ". Denn bei einer Höchstgeschwindigkeit von 123 Km/h waren längere Fahrten doch nur in einer Zeitspanne von halben Tagen zu bewerkstelligen.


  • Bauzeit: 1971 bis 1982
  • Motor: Vierzylinderviertakt-Reihenmotor
  • Hubraum: 845ccm
  • Bohrung: 58 x 80mm
  • PS bei U/min: 34 bei 5000
  • Getriebe: Vollsynchronisiertes Vierganggetriebe
  • Gewicht: 635 Kg
  • Höchstgeschwindigkeit: 123 Km/h

Deshalb hierzu: " Cream " und " NSU " in der 13-minütigen Fassung, live aus dem Winterland Ballroom, 1968:

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