Nicht flugtauglich?


Wer in den 1950er, 1960er und ab den 1990er Jahren einen männlichen Schüler oder Jugendlichen nach seinen Wunsch -, später dann Traumberuf, befragt hätte, würde unter den favorisierten Benennung mit Sicherheit, die des Arztes, des Piloten oder eine technisch ausgerichtete Profession zur Antwort erhalten haben.

Inzwischen sind diese Berufsbilder längst nicht mehr das, was sie einst einmal waren. Und so quält sich mancher Studierende, Auszubildende oder Berufsanfänger mit dem Gedanken herum, ob er wirklich seinen " Traumberuf " erlernt haben könnte. Wer dann noch - so wie viele Freiberufler - einen astronomischen Schuldenberg vor sich her karren muss, zudem - trotz intensiver Bemühungen - wirtschaftlich nicht auf den grünen Zweig kommen.

Da macht finanzielle Not oft erfinderisch.

Als vor einigen Tagen in der Nähe des Örtchens Hatten / Sandhatten, an der Bundesautobahn 28, zwischen der dortigen Abfahrt und jener in Richtung Hude, ein Kleinflugzeug verunglückte, sah es zunächst " nur " wie ein üblicher Flugunfall aus. So einer, wie er ab und an in den lokalen Medien hoch gejazzt wird, damit die dem Leser angebotenen Zeitungsseiten oder die Regionalnachrichtensendungen entsprechenden Stoff verwursten können. 

Bei näherem Betrachten indes, bietet sich dem kritischen Rezipienten ein etwas anderen Bild zu dem Absturz des Kleinflugzeugs. Als Pilot wurde ein 69 Jahre alter Mann aus dem Dorf Kirchseelte, bei Oldenburg, in Niedersachsen, benannt, der zu Tode kam. Drei weitere Insassen konnten gerettet werden.

http://www.radiobremen.de/nachrichten/kurz_notiert/kleinflieger-absturz-hude100.html

Nun wurde natürlich auch nach den Absturzursachen gefragt sowie - wie üblich - dazu spekuliert. Wenn, wie in den Medien beschrieben, die alte " Cessna " sich in einem technisch einwandfreien Zustand befunden haben soll, kommt in der Regel nur ein Versagen des Piloten in Betracht, dass zum Absturz der Kleinmaschine geführen haben könnte.


Und da erinnert sich der wache Nachrichtenkonsument doch flugs an Meldungen, in denen von erheblichen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit ähnlichen Unglücken berichtet worden war.


Und, tatsächlich, berichtete das ARD - Magazin " Report Mainz " in der Sendung vom 14. April 2015  von einen Fall, der nunmehr strafrechtlich vor dem Amtsgericht im niedersächsischen Westerstede zur Verhandlung ansteht. Laut dortige Anklage der Staatsanwaltschaft in Oldenburg wird einem praktizieren Arzt zur Last gelegt, in 117 Fällen, wissentlich falsche Testate zur Flugtauglichkeiten von Patienten ausgestellt zu haben. So sollen hier einigen Inhabern von Fluglizenzen, trotz fest gestellter Sehschwäche, Diabetes oder Herzkrankheiten dennoch die erforderlichen Flugtauglichkeitszeugnisse erteilt worden sein.

Der angeklagte Arzt befindet sich damit in bester Gesellschaft zu seinen Kollegen aus Bayern, dem ein ähnlich strafbares Verhalten vorgeworfen wurde:

   
http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Falsche-Atteste-fuer-kranke-Piloten-Arzt-droht-lange-Strafe-id3532736.html

Aufgeflogen ist der aktuelle Fall des niedersächsischen Arztes für " Flugmedizin " durch das Unglück vor 2 Jahren im hessischen Ort  Wölfersheim, als bei einem Zusammenstoß zweier Kleinflugzeuge acht Menschen ums Leben kamen.
Die bei der Untersuchung zu dem Unglück vorgefundenen Beweismittel wiesen auf einen Zusammenhang der Diabetes - Erkrankung des einen Piloten mit einem Flugfähigkeitstestat des jetzt angeklagten Arztes hin.

Der betreffende Mediziner wird zwar nicht mehr auf der Liste der insgesamt in Niedersachsen vorhandenen 54 offiziellen Untersuchungsstellen zur Begutachtung geführt, dennoch warb er auf seiner HP eben gerade mit jener Qualifikation.

In den Zeiten des Konsumterrors, in denen auch der Studierte oder Bessersituierte nicht automatisch eine Wohlstandsdenken - Garantie mit dem Erhalt seines Examens in die Zeugnisse gelegt bekommt, aber dennoch - dem gesellschaftlichen Nimbus entsprechend - nach außen " Einen raus hängen " lassen muss, belebt starke Konkurrenz nicht nur das Geschäft, sondern macht finanzieller Druck auch erfinderisch und - wie auch hier - kriminell.

Wenn heute der Trauer - Zirkus um die Opfer des Flugzeugabsturzes von vor knapp 3 Wochen in Frankreich im Kölner Dom einzieht, werden sicherlich wieder unsinnige Forderungen aus der Masse von Billig und Gerecht Denkenden nach einer Aufweichung der so genannten ärztlichen Schweigepflicht laut und / oder von denen Massenmedien in jene transportiert. Nur, bei allem Verständnis von Trauer, Schmerz und Wut: Was nutzt eine Sonderreglung für bestimmte Berufsgruppen zur Vermeidung solcher oder ähnlicher Unglücksfälle, wenn bereits der Arzt sich kriminell verhält? Nichts, denn diese verhindert kein Unglück, sondern gibt dem Einzelnen nur die trügerische Sicherheit von einer absoluten Flugtauglichkeit eines Piloten, auch wenn es eine solche eben gerade nicht geben kann.





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