Ich brauche ein Werkzeug.



Wäre die Urgesellschaft noch existent, hätte die Menschheit sich vielleicht viele Kriege, Katastrophen und Kirchen erspart, Doch die Probleme wären dadurch nicht geringer geworden. Denn auch die Urmenschen, die sich als Jäger und Sammler verdingten; um zu überleben, aber auch einer benachbarten  Menschengruppe schon mal mit der Steinaxt oder einem sonstigen Tötungsinstrument den Garaus machten, lebten streng arbeitsteilig.  Allerdings klar zwischen Männlein und Weiblein unterscheidend.
Die zumeist etwas kräftiger gebauten Männer hatten sich um die Versorgung, also die Jagd, zu kümmern. Die Frauen demnach um die Kinder und die - soweit vorhanden - Kochkünste nebst dem Kräuter sammeln.

Die Jahrtausende verflogen. Die Menschheit entwickelte sich weiter. Aus der Urgesellschaft entstand die Sklavenhaltergesellschaft, daraus der Feudalismus und hieraus der real existierende, weltweite Kapitalismus in seinen verschiedenen Ausprägungen.
Die theoretischen Träumereien dessen Kritiker, wie Karl Marx und Friedrich Engels, dass auch dieser endlich sei und sich durch seine immanenten Widersprüche abschaffe, sind zwar nicht umgesetzt worden, aber auch nicht widerlegt.
Das mag daran liegen, dass eine klassenlose Gesellschaft voraussetzt, dass auch der Einzelne erkennen müsste, wie er seinen eignen Jagd - und Sammeltrieb unter Kontrolle bekommt.

Dieses ist schwierig, weil gerade die heutige, komplexe Wirtschafts - und Geselschaftsordnung es eben dem Einzelnen bewusst erschwert, dabei abzuwägen, was für seine Bedürfnisse sinnvoll - und was sinnlos ist.

Da hörte ich am Wochenende, dass eine der letzten Bastionen von angeblicher, männlicher Dominanz auch längst gefallen sein könnte: die Technik. Genauer gesagt, das maskuline Heimwerker - Privileg.
Da zeichnet sich ein, nicht mehr ganz junges Ehepaar als Eigentümer eines Anwesens um den Münchner Speckgürtel aus. Es wurde in das Haus - und Grundeigentum deshalb viel Geld investiert. Beinahe eine dreiviertel Millionen Euro. Und weil damit längst nicht alle Wünsche rund um das traute Heim in Erfüllung gingen, musste so manche Veränderung innerhalb des Wohnbereichs zum Teil zurück gestellt werden.

Doch eine Küche ist Pflicht. Nicht nur, weil diese zur Erfüllung der leiblichen Genüsse dient, nein, auch das mit dem Essen verbundene, familiäre Zusammensein spielt dabei eine entscheidende Rolle. So sollte denn die Küche nach den Vorstellungen der stolzen Eigenheimbesitzer umgestaltet werden. Nichts leichter als dieses. Schließlich gibt es hierfür Handwerker. Wenngleich diese sehr gut ausgelastet waren. Denn: Wo das Geld beheimatet ist, siedeln sich auch solche Menschen an, die es dem Gutverdiener wieder aus der Tasche ziehen.

Deshalb entschloss sich das Paar mit zwei Kindern, die erforderlichen Vorarbeiten zum Kücheneinbau in die eigene Hand zu nehmen. Da waren nicht nur Umräumaktionen vorzunehmen, sondern auch ein Fliesenspiegel zu beseitigen. Also: Frisch ran! Die Dame des Hauses hatte bereits eine zündende und kostengünstige Idee, wie diese Arbeiten schnell, preisgünstig und nahezu geräuschlos erledigt werden können.
Sie nahm einen leichten Hammer, einen breiten Schraubenzieher und legte los. Durch zartes Klopfen auf der Randfuge löste sich die Fugenmasse. Und nicht nur diese, sondern gleich die Jahrzehnte alte Wandfliese gleich mit.

So warf die geschickte Hobby - Handwerkerin die Fliese in einen Baueimer und zeigte so ihrem holden Gatten, wie er die Arbeitsgänge erledigen könnte. Der Mann indes, in seiner Ehre gekränkt und der festen Meinung, dass Handwerksarbeiten eben doch Männersache seien, widersprach dem Vorschlag vehement. Nein, für derartige Tätigkeiten gäbe es spezielles Werkzeug. Tatsgewiß, es gibt für jeder Arbeit im Haus entsprechendes Werkzeug.
Und so auch für das Entfernen eines hässlichen Fliesenspiegels. Ob dieses nun mit einem Mini - Presslufthammer oder eimem Klein - Bohr - oder  Drucklufthammer geschieht, dürfte dann eher eine Frage des Anschaffungspreises für jenes Werkzeug sein.

Der Markt dafür ist unendlich vielfältig. Weshalb lange Lieferzeiten beim Kauf eines solchen Gerätes, eher ungewöhnlich sind. Doch der Herr des Hauses wusste auch dieses besser und bestellte aus Großbritannien ein derartiges Werkzeug.
Damit verzögerte sich natürlich auch der Kücheneinbau.

Endlich kam das spezielle Werkzeug zum Einsatzort. Der Göttergatte legte los. Er setzte den Drucklufthammer mit einer eigens dafür konzipierten Vorrichtung auf den Fliesenspiegel an.
" Rrrrrrrrrraaaaaaattttttttttaaaaaaaaaaaaatttttttttttttttaaaaaaaaaaaaaaaatttttttaaaaaatat!"
Eine Fliese fiel herab und zerbrach. Dann die Zweite, die Dritte. Eine Fliesenreihe war geschafft. Eine Zweite; es folgte eine Dritte.

Dann geschah das Unglück.

Die Fliesenreihen waren auf eine Trockenwand aufgeklebt worden und diese hatte - dem Sinn und Zweck eines solchen Konstrukts entsprechend - Hohlräume. Da ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste. Doch der Mann der Schöpfung, in seinem pflichtschuldigen Umsetzen der Schnapsidee, mit dem  speziellen Werkzeug, auch professionelle Arbeit abliefern zu können, setzte den Elektro - Hammer zu steil an. Rrrrrrrrums! Ein großes Loch war in der Fermacell - Platte.
Die Fliesen baumelten halb aus, halb innerhalb der Platte hin und her.

Was tun? Da war guter Rat teuer. Der Presslufthammer - Mann beendet zunächst die restlichen Wandarbeiten, räumte den Schutt zur Seite und begann die beschädigte Leichtbauplatte zu entfernen. Als dieses - einigermaßen problemlos - erledigt war, fuhr der Hauseigentümer zum Baumarkt und kaufte eine Ersatz - Platte. Diese setzte er mit viel Gewürge wieder ein und verließ den Ort des Grauens.

Am folgenden Tag standen die Handwerker pünktlich vor der Tür. Sie wollten nun auftragsgemäß los legen. Doch! Oh, Schreck! Die Fermacell - Platte hatte sich über Nacht gelöst und war krachend auf den Fussboden geknallt. Nichts da, mit Montagearbeiten. Grinsend nahmen sich die wahren Experten, die richtigen Männer, die ausgebildeten Handwerker, der Sache an und hatten das Problem binnen weniger Minuten im Griff.

Und die Moral von der Geschicht? Traue keinem Handwerker, nicht und sodann: Auch nicht deinem Ehemann. Denn nicht jedes Werkzeug kann bedient werden, von diesem Mann!

Mir liefen die Tränen herunter, so habe ich gelacht! Die Bastion des Mannes bröckelt, in dieser, unserer Zivilgesellschaft. Wann kommt das Matriarchat?

" Yello Dog " und " Master Of The Night ( The Laughing Song ) von dem Album " Beware Of The Dog ":


Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Erst mal: auf Fermacell kannste so gut wie alles befestigen, alles nur eine Frage der Untergrundvorbehandlung! ;o) Da hilft es, sich vorher mal schlau zu machen, dann sollte das selbst dem Laien gelingen.

Und ob sich die Menschheit trotz des Wechsels verschiedener Gesellschafts- oder Wirtschaftsformen tatsächlich weiterenetwickelt hat... man weiß es nicht...

In diesem Sinne, schöne Nacht! ;o)
Lobster53 hat gesagt…
Joh, aber dat war für den Schmalspur - Manager aus Bayern mit irischen Wurzeln zu viel und die eigene Frau konnte ihm dieses nicht beibringen. Die Fliesenwand war, wie einst unsere Mauer, eine Provokation. Also musste sie wohl weg! Also: Viel hilft viel! Bei der angeblich weiter entwickelten Gesellschaft habe ich auch so meine Zweifel.

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