Schüssel auf dem Balkon = Sprung in der Schüssel?


 Es gab mal einen Zeitabschnitt, innerhalb dessen sich in dem bundesdeutschen Wohnumfeld - für jedermann sichtbar - einiges änderte.Da wurde gebohrt, gehämmert, geschraubt und geflucht. Aber auch justiert, gemessen und gelesen - schließlich geprüft.
Es war die Hochzeit der Satellitentechnik, die in den 1990er Jahren - zunächst verstärkt im Westen - und dann um einige Jahre Zeit versetzt im Osten ihren Boom erlebte.
Als der damalige Bundespostminister die Erlaubnispflicht zur Inbetriebnahme einer Satellitenempfangsanalge aufhob, nutzte die Industrie dieses, um entsprechende Anlagen herzustellen und für Verkaufspreise von zunächst 250 bis zu 1.000 DM anzubieten.
Es setzte ein regelrechter Run auf diese Empfangstechnik ein.

Und wie es im Leben so ist, mit dem Erwerb einer solchen Anlage, entstand sofort ein oft verbissen geführter Kampf um die Frage, ob ein Mieter eine solche Empfangsschüssel anbringen darf? Darf er eine Parabolantenne installieren, obwohl ihm die Möglichkeit gewährt wird, über hauseigene Anschlüsse auch Fernseh sehen und Radio hören zu können?

So flogen alsbald die Fetzen vor den Gerichten. Die Amtsgerichte verkündeten dabei in unterschiedlicher Weise das Recht. Auch die Berufungsinstanzen hielten es so. Nach Jahren durften dann die Oberlandesgerichte ebenfalls ihre Rechtsauffassungend arlegen. Und - wie sollte es anders sein? - sie kamen immer noch zu divergierender Rechtssetzung in ihren Urteilen.
Irgendwann entschied auch der Bundesgerichtshof, das höchste Zivilgericht und auch das Bundesverfassungsgericht.
So steht inzwischen fest, dass der Vermieter  keine freiliegenden Kabel oder Antennen auf der Hausfassade dulden braucht. Und weiterhin hat der Vermieter als Besitzer des Hauses ein Interesse an einer einheitlichen und unversehrten Fassadengestaltung, denn das erhält den Wert des Hauses. Außerdem steht dem Vermieter ein Mitspracherecht zu, er darf festzulegen, wo die Satellitenantenne angebracht werden soll, sofern die Antenne fest durch Schrauben installiert wird.

Dann kommt jedoch auch die Einschränkung:
Auch wenn aus dem Mietvertrag heraus, dem Mieter nicht erlaubt ist, eine Satellitenschüssel an der Hausfassade anzubringen, hat ein Mieter einen Rechtsanspruch zur Anbringung einer Parabolantenne, wenn er ein besonderes Interesse am Empfang von zusätzlichen Sendern, die nicht über das bestehende Angebot inklusive Zusatzangebote ( das so genannte Bezahlfernsehen ) empfangen werden können, nachweisen kann.Dies kann beispielsweise auf ausländische Mieter oder Journalisten zutreffen.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 31. März 2013 1 BvR 1314/11 dazu ausgeführt
„ ....die Grundsätze bekräftigt, die in zivilgerichtlichen Streitigkeiten über die Anbringung von Parabolantennen durch Mieter zu beachten sind. Die Zivilgerichte haben eine fallbezogene Abwägung vorzunehmen, in die die Eigentümerinteressen des Vermieters an der - auch optisch - ungeschmälerten Erhaltung des Wohnhauses und die Informationsinteressen des Mieters an der Nutzung allgemein zugänglicher Informationsquellen einzustellen sind. Zu berücksichtigen ist auch das Interesse ausländischer Mieter am Empfang von Rundfunkprogrammen aus ihrer Heimat, einschließlich der besonderen Situation sprachlicher und kultureller Minderheiten "

 - Zitatende aus: BVerfG Beschl. v. 31. März 2013 - 1 BvR 1314/11

Joh, und weil es dennoch immer wieder Streit gibt, ob nun eine Wand, eine Fassade, ein Dach durch so eine Schüssel beschädigt und damit das Eigentum verletzt wird, haben einige Vermieter in ihren Mietverträgen oder in den Allgemeinen Mietbedingungen, die - wie die sonstigen AGBs Ellen lange Ausführungen enthalten - die Anbringung von Parabolantennen oder Satellitenspiegel generell untersagt. Basta!

Wenn sich zwei Menschen nicht mögen, sollten sie - sofern sie ein gewisses Quantum an Resthirnmasse nachweisen können - nicht nur getrennte Wege gehen, sondern sich möglichst so verhalten, dass es keinen Streit gibt.
Das ist meisten leichter gesagt als getan.

Da brachte ein Mieter einer Wohnung in einem typischen Block in der Bundeshauptstadt eine Satellitenantenne doch tasächlich an der Hauswand neben seinen Balkon an. Weil er mit seinenm unmittelbaren Nachbarn im ständigen zwist war, störte es jenen derart, dass er die Hausverwaltung informierte und auf den Verstoss hinwies. Diese Verwaltung wäre keine, wenn sie dieser frevlerischen Tat nicht sofort nachgeginge und danach schriftlich aufgefordert hätte, die Parabolantenne zu entfernen.

Nun, das Mietrecht sieht vor, dass der Vermeiter dem Mieter zu jener Handlung eine angemessene Frist einzuräumen hat. Diese verstrich jedoch. Der Mieter erhielt daraufhin eine weitere Frist und diese war mit der Androhung von gerichtlichen Massnahmen verbunden. Auch dieses Schreiben ignorierte der Mieter. Er scherte sich nicht um diese Aufforderung, sondern wollte über einen Bezahlsender nur die Fußballspiele sehen. Das darf er sehr wohl. Doch die Schüssel hätte er entfernen müssen.
Er tat dieses jedoch nciht und ein Amtsrichte erließ gegen ihn und zu Gunsten der Vermeiterin eine Einstweilige Verfügung.

Damit beauftragte der Vermeiter einen Gerichtsvollzieher und der musste sich nun Zutritt zu der Wohnung des Mieter mit Hilfe eines Schlüsseldienstes verschaffen. Der Gerichtsvollzieher klingelte und klopfte, er klopfte und klingelte, doch der Mieter öffnete nicht.
Dann trat der Schlüsseldienst in Aktion. Er bohrte den Schließzylinder auf und die Tür war offen. Die ganze Armada, nämlich der Gerichtsvollzieher, die Mitarbeiterin der Hausverwaltung, der Handwerker vom Schlüsseldienst betraten die Wohnung.
Da erschien der Vermeiter. Er mimte einen Schlaftrunkenen und erkundigte sich - dabei den Ahnungslosen spielend - warum die ungebetenen Besucher ihn nun geweckt hätten.

Kurze Rede, langer Sinn: Der Gerichtsvollzieher wedelte mit einer Ausfertigung der Einstweiligen Verfügung herum und forderte den Mieter auf, die Satellitenschüssel von der Hauswand abzumontieren. Gesagt, getan.
Nach einigen Minuten war der Spuk zu Ende, die Gäste gingen. Die Kosten von einigen Hundert Euro blieben - beim Mieter!

Wenige Tage darauf erhielt der Gerichtsvollzieher einen Anruf. Aufgeregt berichtete der Nachbar darin, dass er gesehen habe, wie eben jener Parabolspiegel wieder auf  der Balkonseite der Wohnung des Fußballfans zu sehen sei. Der Gerichtsvollzieher erschien bald darauf erneut vor dem bekannten Mietshaus, wo er bereits von der Hausverwalterin und dem Nachbarn erwartete wurde. Ein Blick des Gerichtsvollziehers klärte die Rechtslage: Die Schüssel war nunmehr an einem Holzstiel, der wiederum in einer Sonnenschirmhalterung befestigt war und von einem handelsüblichen Rundfuß beschwert wurde,angebracht worden.

Freudlich winkte der Mieter dem Trio herüber. Und grinste dabei wie ein Honigkuchenpferd.
Nix da mit einem weiteren Verstoss gegen die Einstweilige Verfügung, nix da mit Ordnungsgeld oder der ersatzweisen Ordnungshaft. Alles legal und nicht illegal, wenn auch nicht scheißegal. Denn:
In dem Mietvertrag stand nur das Verbot, dass Satellitenschüsseln nicht an der Hauswand befestigt werden dürfen. Nicht jedoch dieses, dass der Mieter einen Spiegel überhaupt nicht verwenden darf.
Ätsch!
 
 

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