Die Post kommt nicht an.



 
Da stand ich heute - wie so viele Male zuvor - in einer langen Schlange vor dem einförmigen Schaltern, besser wäre: Tresen - der Filiale der Deutsche Post AG in der Gröbelstraße, 
 Ecke Kesselsdorferstraße, un wartete der Dinge, die da noch kommen konnten.

Vor mir warteten mindesten 10, wenn nicht so gar mehr, Mitleidende. Hinter dem Schaltern allerdings schufteten nur zwei - Frauen versteht sich,denn die sind ja billiger - und fertigten im Zweiminutentakt jeweils einen Kunden ab.

Beim sachten Vorschieben des Geschenkpakets für unsere Enkeltochter Anna, die morgen ihren 7. Geburtstag feiern darf, kam ich ins Grübeln, in der Filiale in der Gröbelstraße.
7 Jahre, hmmmh, dat is nach Adam Riese genau 53 Jahre und 5 Monate und 1 Tag her.
Genauer gesagt, schreiben wir das Jahr 1960.
Die Welt war noch überschaubar.
In der Provinz auf jeden Fall.

Und weil sie das in dieser Zeit war, nämlich übersichtlich, gab es damals noch in Bad Eilsen eine eigene Postfiliale. Genauer gesagt war es ein Flachbau an der Bückeburger Straße 7a. Eigentlich schon in einem modernen Baustil, dennoch sah die Filae wie ein Lego - Haus in weiß aus.
Und hier arbeiteten mindentestens 6 Männer. Ein Briefräger, zwei Schalterbeamte, ein Filialleiter und zwei Pakettransporteure. Vier von ihnen, nämlich die drei Erstgenannten waren Beamte auf Lebenszeit. Auch der Briefzusteller mit dem Namen L. war es.
Er war demnach unkündbar, hatte Pensionsansprüche und verdiente weit aus weniger als Malocher in der Industrie oder Handwerker.

Dafür hatte er eine verantwortungsvolle Tätigkeit auszuüben. Er brachte nicht nur Briefe, Postkarten, Päckchen, Kataloge, Pakte, sondern er zahlte auch die Rente meiner Großeltern am Monatsanfang in bar gegen Quittung aus. Dieses erledigte er, also Herr L., nur mit einem Dienstfahrrad. Es war - wie sollte es auch anders sein - gelb und schwarz lackiert und hatte einen über dimensionierten Korb, der am Lenker befestigt war. Hiermit fuhr Herr L. dann morgens los. Seine aufzusuchenden Empfänger waren eher überschaubar. Wer eine Postkarte aus Hamburg mit Bildern vom weltberühmten Hafen bekam, wer einen Brief von einem Verwandten aus Mainz, Mannheim oder etwa Magdeburg erhielt und wer einen dicken Katalog von Neckermann, Quelle oder Bader zugestellt erhielt, der war schon privilegiert.

Der Briefbote, der verbeamtete Postzusteller, nahm einst eine wichtige Funktion war, denn, wer kein Telefon besaß ( das waren mindestens 8 von 10 Haushalte ), wer keinen Fernsher im Wohnzimmer stehen hatte ( das waren mindestens 70 von 100 ) und wer keine Tageszeitungen abonnieren konnte ( das waren mindestens 90 von 100 ), der freute sich über die diversen Postsendungen und auf den Briefträger, der sie oft persönlich übergab. Da wurden häufig noch einige Sätze über das Leben, den Beruf und die Familie ausgetauscht.

Der heutige Briefzusteller indes hat es oft nicht leicht. Weil die Massen an Postsendungen, die er tagtäglich in die vielen Briefkasten einzuwerfen hat, trotz des erheblichen Rückgangs im Briefverkehr zugenommen haben, muss er quasi im Akkordtempo vorgehen.
Oft sind es nur Werbesendungen, die er in die Briefkästen einzuwerfen hat, doch die haben es insich, denn schließlich verdient sein jeweiliger Arbeitgeber damit ordentlich Geld. Der noch vor vielen Jahrzehnten abgesehene Beruf ist längst zur austauschbaren Gehilfentätigkeit verkommen. In Windeseile werden die Poststücke verteilt. Die Arbeitsbelastung ist hoch, die vorgegeben Zeit dafür gering und das gesellschaftliche Ansehen tendiert gen Null.

Da las ich vor einigen Tagen im Netz folgendes:
" Potsdam - Ein Briefträger muss ins Gefängnis, weil er fast 1300 Postsendungen behalten und geöffnet hat. Das Amtsgericht Potsdam verurteilte den 45 Jahre alten Postboten aus Brandenburg zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten. "

- Zitatende - u.a. aus:http://www.abendblatt.de/newsticker/dpa_nt/infoline/schlaglichter_nt/article122325361/Brieftraeger-muss-Jahre-ins-Gefaengnis.html

 So kann es im Leben oft gehen. Da fragt sich doch der kritische Betrachter, wie es dazu kommen kann, dass ein erheblich vorbestrafter Mann einen - immer noch - vertrauenvollen Job bekleidet, dort weitere Straftaten begeht und der Arbeitgeber merkt es nicht einmal?
Und das im Zeitalter der elekronischen Datenverarbeitung, der Bespitzelungen und Überwachung aller Orte?

Erst über den Vermieter und die ermittelnde Polizei erfuhr die Postdienststelle von den unterschlagenen und nicht ausgetragenen Sendungen. Spät und meistens zu spät, bis die Post ankam. Und damit nicht genug der kriminellen Energie, denn:
" Die Richter sprachen den Angeklagten der Verletzung des Postgeheimnisses sowie des Betruges und des Fahrens ohne Führerschein schuldig. Sie folgten dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft. "

 - Zitatende - u.a. aus:http://www.abendblatt.de/newsticker/dpa_nt/infoline/schlaglichter_nt/article122325361/Brieftraeger-muss-Jahre-ins-Gefaengnis.html
Der Imageschaden der Deutsche Post AG indes dürfte weit über dem des materiellen liegen. So, wie in ähnlich gelagerten Fällen auch:

 http://www.nwzonline.de/kultur/weser-ems/12-000-euro-veruntreut-postzusteller-in-wildeshausen-verurteilt_a_1,0,567321522.html

http://www.hna.de/lokales/fritzlar-homberg/bewaehrungsstrafe-postzusteller-lagerte-pakete-zwei-garagen-1309824.html


http://www.mjv.rlp.de/icc/justiz/nav/699/broker.jsp?uCon=3bf6c171-03c7-7113-3e2d-c6169740b3ca&uTem=aaaaaaaa-aaaa-aaaa-aaaa-000000000042&uMen=6993f1d2-a512-11d4-a737-0050045687ab&_ic_print=true

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