Und forderten wir Heuer, hat der Käpt´n nur gelacht!


Die Seefahrt soll nach einem überlieferten Lied eigentlich lustig sein. Sie  kann vielleicht auch abenteuerlich sein. Sie soll aber - nach Angaben der Kreuzfahrtschiffbetreiber -  luxuriös sein. Jenseits dieser Seefahrerromantik bestehen aber knüppelharte Geschäftsfelder, die hierfür keinerlei Platz bieten. Das müssen vor allem die schwächsten Beteiligten an dem Milliardenmarkt immer wieder erfahren.
Es sind die einfachen Seeleute, die in diesem Konkurrenzkampf oft auf der Strecke bleiben.

So auch in einem Fall, der drei Containerschiffe mit den unverfänglichen Namen " Valetta ", " Vigo " und Vancouver ". Alle drei Schiffe stehen im so genannten Liniendienst der weltweit größten Reederei, der " Maersk Line ", die mit ihren Super - " Pötten " alle anderen Anbieter in die Enge treibt. Das derzeit größte Conatinerschiff der " Maersk Line " ist die " Maersk McKinney Moller ". Ein Gigant von 400 Metern Länge, der maximal 18300 Container laden kann.

Die drei oben benannten Schwester sind auch nicht gerade winzig. Sie messen jede um die 180 Meter; können aber einzeln nur ein Zehntel der Kapazität wuppen, die der Monster - Kahn fasst. So kommt es, wie es auf dem globalisierten Markt immer kommt, wenn Überkapazitäten vorhanden sind: Die Kleinen werden entweder gefressen oder sie bekommen wegen der dann zu hohen Transportkosten je Einheit keine oder kaum noch Frachtaufträge.

In einem solchen Fall entsorgt der Eigner sein Schiff, er lässt es vielleicht irgendwo weit außerhalb eines Hafens, der sündhaft teuere Anliegegebühren verlangt, vor Anker gehen oder er verkauft den " ollen Kahn " noch schnell.
Bei den drei Schwestern verhält es sich so, dass sie nur im Auftrag der " Maersk Line " fahren, sonst aber einer marokkansichen Reederei mit dem Namen IMTC gehören. Der Eigentümer ist Mohammed Karia aus Casablanca. Er wiederum hat zuvor eine Firma damit beauftragt, die Versorgung der drei Schiffe sicher zu stellen. Dieser Betrieb wurde von ihm dann dafür bezahlt.

Im Sommer 2013 liefen nun die festen, aber befristeten Carter - Verträge mit der " Maersk Line " aus. Sie wurden wegend er derzeitgen Flaute auf dem Weltmarkt nicht verlängert. Karia hatte keine Aufträge mehr für seine drei Schwestern. Er stellte deshalb wohl die Zahlungen an die Versorgungsfirma " V.Ships " völlig ein. Karia behauptet, die dortigen Rechnungspositionen seien nicht oder nur zum Teil erbracht worden; ergo: strittig.
" V. Ships " wiederum stellte seine Leistungen zur Versorgung der Schiffe ein, weil Karia nicht bezahlt habe. So einfach ist das im Business eben.

Und während die beiden Parteien um die Bezahlung streiten, kann sich der Dritte, in diesem Fall die Schiffsbesatzungen, eben nicht freuen. Sie wurden auf Hoher See alleine gelassen. Deshalb setzte der Kapitän des Frachters " Vancouver " nördlich von der Insel Wangerooge liegend einen Seenotruf ab. " SOS! " - also. Die Mitarbeiter des Haveriekommandos in Cuxhaven fuhren daraufhin hinaus, um zur Hilfe zu kommen. Der Grund des Notrufs bestand aber nicht in einer Havarie, sondern weil der Diesel und der Proviant zur Neige gingen.

Die bundesdeutschen Behörden reagierten unbürokratisch und ließen die drei Schwestern sowie ein weiteres Containerschiff, die " Contenance " in das Hafenbecken des Stadt Wilhelmshaven einlaufen, obwohl der Versicherungsschutz für die vier Pötte längst nicht mehr bestand. So konnten die 41 Seeleute wieder festen Boden betreten und versuchen, eine Lösung für die Notlage zu finden. Die Situation verschärfte sich von Tag zu Tag, weil kein Kontakt zu dem marokkanischen Eigner zustande kam. Die Seeleute waren deshalb auf die Unterstützung der Wilhelmshavener angewiesen. Und die setzten sich für die Rechte und das übrige Wohlergehen ihrer Gäste ein. Die Bevollmächtigte der Internationalen Transportarbeitergewerkschaft ( ITF) erwirkte bei Gericht einen Arrestbeschluss und ließ die drei Schiffe des Marokkaners an die Kette legen.
Ein Gerichtsvollzieher rückte aus und setzte den Titel für die geprellten Seeleute flugs in die Tat um.

Dann klagte die Bevollmächtigte die ausstehende Heuer bei dem Eigner ein. Es kam ein stattliches Sümmchen dabei herum. Die Seeleute forderten mehr als, jene vorerst durch einen Teilvergleich erstrittene 275.000 Euro. Immerhin besser als nichts. Damit können die Seeleute wieder zurück in ihre Heimat fliegen. Einige von ihnen kommen von den Philippinen, ein anderer Teil aus Russland und weitere aus der Ukraine.Von den Mannschaften der Drei Schönen werden 31 Mann den Gastaufenthalt in Wilhelmshaven beenden. Weitere 8 Seeleute verbleiben auf den Schiffen. Denn von den drei Containerfrachtern bleiben zwei an der Kette in Wilhelmshaven. Sie werden dort wohl überwintern. Und da ein Teil der Crew noch gültige Arbeitsverträge hat, bleiben die beiden angeketteten Pötte nicht unversorgt.
Vielleicht noch länger, denn das Arbeitsgericht in Wilhelmshaven wird noch über die Höhe der zu zahlenden Heuer als I. Instanz zu entscheiden haben. Und das kann dauern.

In dieser Zeit bleibt der erlassene Arrestantrag der Seeleute aufrecht erhalten, denn die Heuer hat der Eigner Karia aus Casablanca immer noch nicht vollständig bezahlt, womit der Arrestgrund auch nicht entfallen ist.
Der Fall aus Wilhelmshaven ist kein Einzelfall. Er ist auch nicht außergewöhnlich. In der globalisierten Welt, die nur von Moneten und Macht zusammen gehalten wird, müssten sonst jene Menschen auf der Strecke bleiben, für die die kapitalistische Weltordnung keinen Platz vorgesehen hat. Es sind die einfachen Leute, die aus Existenznot sich bei solchen Seelenverkäufern verdingen müssen.

Das war schon vor vielen Jahrhunderten so und wird auch wohl so bleiben. Das soziale Gewissen bleibt dann auf der Strecke, wenn es um die Verteilung von Zaster geht. Wilhelmshaven ist überall.

Achim Reichel: " Es ging langsam voran " aus der 1975 erschienenen LP " Dat Shanty Alb´m ":


Im Englischen Kanale da segelte ne Brigg,
der Kasten war so vollgeschmiert, der stank wie lauter Schlick,
und es ging langsam voran, ja es ging langsam voran,
ein Hurra für die Reise sind wir erst an Hamburg ran.

Aus einem halten Spinnrad, das Steuer war gemacht,
und forderten wir Heuer, hatt der Käpt'n nur gelacht,
und es ging langsam voran, ja es ging langsam voran,
wir kommen eines Tages sicher noch am Nordpol an.

Wir hatten keine Segel, wir hissten einen Sack,
und alle Welt bestaunte uns mit ihrem klugen Schnack,
man das ging langsam voran, wir kamen trotzdem voran,
ein Hurra für die Reise denn wir kamen glücklich an.

man das ging langsam voran, wir kamen trotzdem voran,
ein Hurra für die Reise denn wir kamen glücklich an.
Achim Reichel: " Hamborger Veermastern ":

  



 

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