" Mord in Eberswalde " - Eine Mordsgeschichte aus der DDR.



Wenn das bundesdeutsche Fernsehen, besser noch: das öffentlich - rechtliche Fernsehen, mehr als 2 Dekaden nach der Wiedervereinigung die DDR - Geschichte nachzuspielen versucht, kann dieses sehr oft die die berühmte Hose gehen. Dann nämlich, wenn sich westdeutsche Filmschaffende, Historiker oder sonstige Gebührenalimentierte, an Besonderheiten der DDR - Gesellschaft die Zähne ausbeißen, weil sie es nicht verstehen wollen, dass viele Dinge damals nicht so waren, wie diese Damen und Herren es heute gerne sehen möchten.
Zu den Rohrkrepieren, den fatalen Fehlversuchen und Geschichtsklitterungen zählen zweifelsohne die regelmäßig in das laufende Programm gestreuten Beiträge oder Sendungen des Propagandasenders " Deutschlandfunk ", der auch heute noch mit stoischer Gleichgültigkeit nur die angeblich dunklen Seiten der DDR durch den Äther jagt.
Aber auch schwachsinnige Filme, wie " Die Frau vom Checkpoint Charlie ", einem Selbstverwirklichungsstreifen der Ferres, Veronica, in dem sie eine angeblich politisch Verfolgte DDR - Bürgerin mimt, die einen Ausreiseantrag stellt, schikaniert wird und zudem - wissentlich - die weitere Entwicklung ihrer beiden Töchter verbaut, weil sie - dann doch nur aus wirtschaftlichen Erwägungen - in den Westen ausreist.

Zu den gelungenen Produktionen zählt indes der Fernsehfilm " Mord in Eberswalde ", den die ARD gestern, also am 30.01.2013 erstmalig sendete. Nicht nur, dass die DDR - Tristesse der frühen 70er Jahre mitsamt den immer weiter verfallenen privaten Wohnhäusern und den verspießten Einrichtungen sowie der überschaubaren Freizeitkultur in der Provinz realistisch wieder gegeben wurde, nein, auch die verquasteten ideologischen Fachgespräche der beteiligten Staatsbediensteten werden nahezu identisch wieder gegeben.


Der Film beginnt mit einer Bettszene, die zunächst keinen rechten Sinn macht. Ein Paar betreibt Fesselspielchen. Der Mann ist Kommissar Heinz Gödicke, der - wie sich später heraus stellt - die Freundin seines Freundes, eines gewissen Stefan Witt, seines Zeichens Major des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), regelmäßig vögelt. Diese beiden Männer sind zudem noch  alte Freunde. Gemeinsam sollen sie nun den bestialischen Mord an zwei neunjährigen Jungen aufklären, deren Leichen in einem Waldstück gefunden werden. Zeugenaussagen bringen sie ebenso wenig weiter wie herkömmliche Ermittlungsmethoden. Nachdem ein Revierförster, der sich gegenüber den Ermittlern als sehr verdächtig verhält, als Täter nicht in Betracht kommt, geraten weitere Untersuchungen des Mordfalls ins Stocken. Jetzt versucht der Kommissar Gödicke mit Ermittlungsmethoden, die sich nicht nur als sehr unkonventionell zeigen, den Fall weiter zu bringen. Doch  der Versuch des Kommissars, sich in den Mörder hineinzuversetzen, sorgt für Befremden. Gödicke ist sich jedoch zunehmend sicher, dass die beiden Morde das Werk eines psychisch kranken Menschen sind - eines Sadisten.

Die Hypothese des Kriminalisten erhält weitere Nahrung, als ihn der Staatsanwalt auf die Parallelen zum (westdeutschen) Fall Jürgen Bartsch aufmerksam macht und ihn ein Psychiater in seiner Meinung bestärkt. Gödicke will nun endgültig die übrigen Beteiligten davon überzeugen, dass er bei seinem Plan,die Ermittlungen in eine neue Richtung zu lenken, richtig liegt. 

Der ideologisch verbohrte MfS - Freund des Kommissars wird  alsbald zum Feind, als er das außereheliche Verhältnis seiner Freundin  zu seinem Freund aufdeckt. Der Freund flippt aus und schlägt erst seine Freundin, dann den Kommissar zusammen. Nicht nur deshalb lässt der MfS - Major, dann - Oberst, zwingt er den Kommissar den Fall unaufgeklärt abzuschließen. Dieses aber auch wohl,  weil der Sozialismus im Gegensatz zum dekadenten Westen keine psychisch kranken Subjekte hervorbringt. Das ändert sich jedoch, als im Oktober 1971 ein weiterer Junge ermordet wird. Gödicke, den das grausame Geschehen nie losgelassen hat, erhält die Erlaubnis, die Ermittlung wieder aufzunehmen und nach seinen Vorstellungen voranzutreiben. Die Suche nach dem Mörder endet erfolgreich: Der 20-jährige Kochlehrling Erwin Hagedorn gibt die Tat freimütig zu. Dass er hingerichtet wird, kann sich Gödicke nicht vorstellen - für ihn ist er nicht schuldfähig. Doch das sieht die Staatsgewalt aus ideologischen Gründen anders. Der geständige Täter wird schlussendlich durch einen Kopfschuss hingerichtet. Das psychisch kranke Subjekt liegt damit dem sozialistischen Staat und dessen Wertegemeinschaft nicht mehr auf der Tasche.




In dem ARD - Fernsehfilm, der am Mittwoch, den 30. 01. 2013 gesendet wurde, spielen folgende Protagonisten mit:

Personen:
Heinz GödickeRonald Zehrfeld
Stefan WittFlorian Panzner
Carla BöhmUlrike C. Tscharre
Dr. LiebersGodehard Giese
Georg ThomMartin Brambach
Karl Heinz KischeArved Birnbaum
Erwin HagedornSergius Buckmeier
Jan VoigtGerdy Zint
und andere

Musik: Irmin Schmidt
Kamera: Thomas Benesch
Buch: Holger Karsten Schmidt
Regie: Stephan Wagner

Da der Film den Fall des Erwin Hagedorn aus Eberswalde wieder gibt, sind natürlich die übrigen Umstände hierzu genau so interessant: 

http://de.wikipedia.org/wiki/Erwin_Hagedorn

Aber auch bei dem Klassenfeind in der BRD gab es beinahe zur selben Zeit ein ähnliches Kriminalstück.  
Der verurteilte Vierfachmörder Jürgen Bartsch hatte Mitte der 60er Jahre in ähnlicher Weise seine Opfer bestialisch gequält und getötet.


http://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_Bartsch

Auch Bartsch starb 1976 bei einer versuchten, freiwilligen Kastration im Landeskrankenhaus Eickelborn an einem Kreislaufzusammenbruch aufgrund eines überdosierten Betäubungsmittels. 

Sieht der Zuschauer einmal von kleineren handwerklichen Fehlern bei der Darstellung des Umfelds zu jenen Verbrechen ab, wird ihm - ähnlich wie mehr als 10 Jahre zuvor in dem " Bartsch " - Film - ein exzellent dargebotenes Stück Zeitgeschichte kredenzt. 






Kommentare

Octapolis hat gesagt…
»Der Stich des Slorpion« war ein guter Film, weder peinlich, noch verschmalzt, wie man es sonst eher serviert bekommt. Aber man ist ja schon froh, wenn Veronica Ferres und Heino Ferch mal nicht mitspielen... ;o)

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