" Der Schatz im Silbersee " und die Versuche der westdeutschen Filmbranche mehr Qualität in die Kinos zu bringen.



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Wer die Versuche der westdeutschen Filmemacher, sich von dem kriegsverherrlichenden, proapagandistischen, rassistischen Lügengebilden der Nationalsozialisten distanzieren zu wollen, nicht mehr hautnah durch Kinobesuche erleben konnte, weil er zu jener Zeit eben noch zu jung war, der kann sich natürlich nicht mehr an die Heimatfilm - Exzesse erinnern, die in den restaurativen Adenauer - Jahren in inflationärer Zahl abgedreht wurden und deren Protagonisten genau so bieder daher kamen, wie die vorgeschriebenen Handlungen in jenen Herz - Schmerz - Kitsch - Celluloidschinken. Ob nun Luis Trenker als Alpenwastlhuber in seinen Bergdramen, der gute Fredie Quinn mit seinen Seemannsschund oder Rudolf Brack und Sonja Ziemann in ihren Heidesröslein - Höslein - runter - Schmachtfetzen, sie alle trugen dazu bei, dass der deutsche Film qualitativ bereits in der Gosse lag, noch ehe er richtig auferstanden war.

Ab den  60er Jahren kam dann ein völlig andersartiger Kinofilmtypus auf den Markt: der Abenteuerstreifen. Dazu zählten natürlich auch die Versuche, die vielen Bücher des Bünselers Karl May auf die reflektierenden, immer größer werdenden Leinwände zu bannen. Die Idee hierzu hatte einst Horst Wendtland, der dazu noch die wichtigsten Partner Preben Philipsen, dem mehrheitlich die Rialto Film gehörte, und Waldfried Barthel, den Chef der Constantin Film, animierte, aufgrund der zeitgenössischen Beliebtheit der Karl-May-Romane eine westdeutsche Großproduktion zu starten. .

Die Serie begann mit der Verfilmung des May´schen Romans " Der Schatz im Silbersee ". Die Regie hierzu führte Harald Reinl, das Drehbuch schrieb Harald G. Petersson, die Musik stammte von dem Orchester des Martin Hermann Böttcher.

http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Schatz_im_Silbersee_(Film)#Vorgeschichte

Diese Herren ließen es dann dann ab dem 6. August 1962 in den Bergen von
 oder besser Hügeln rund um die Plitvicer Seen, in dem ländlichen Umfeld in der Nähe der Hafenstadt Rijeka und in der Paklenica -Schlucht (bei Starigrad), dem einstigen Jugoslawien und heutigen Kroatien ordentlich krachen.

Dass dabei die Romanvorlage bis zur Unkenntlichkeit zerfleddert wurde, spielte eben keine Rolle, denn ( Action hin, Action her ) es sollte dem Zuschauer eine neuartige Produktionsweise kredenzt werden, die sich - Dankbarkeit musste auch hier sein - an die einfältigen und biederen Macharten des US-Westerns zu orientieren hatte.

http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Schatz_im_Silbersee

http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Schatz_im_Silbersee_(Film)#Handlung

Der Film wurde am 12.12.1962, also gestern vor 50 Jahren, in einem Kino in Stuttgart uraufgeführt und avancierte zu einem Kassenfüller. Weil sich auch viele Jugendliche der Nachkriegsgenerationen mit den dortigen Helden, den Klamauk - Einlagen und dem hierin implizierten Grundsatz, wonach das Gute immer das Böse besiegt, identifizieren konnten. Viele Vorbilder von einst stammten eh schon aus den Schießprügel fuchtelnden Männerriegen der Yankee- Kommerzschmiede Hollywood pp., so dass einem US-Schauspieler die Rolle des Oberhelden Old Shatterhand zukam. Sein Blutsbruder Winnetou, gespielt von dem Franzosen Pierre Brice, schlug sich mit dem bösen Colonel Brinkley, dargestellt von Herbert Lom, einem britischen Akteur mit tschechischer Herkunft, und dessen Leuten herum, begleitet von schauspielerischen Einlagen des Götz George, der Marianne Hoppe, der Karin Dor, des Eddie Arendt und des Ur-Komikers Ralf Wolter in dessen Paraderolle als Sam Hawkens ( " Standardspruch: " Wenn ich mich nicht irre, hihihihi! " ).

Der durchschlagende Erfolg der Karl May - Adaption war auch deshalb darauf zurückzuführen, weil ein enormer Aufwand an Darstellern, Pferden und Film - Requisiten sowie bei dem abgedrehten Filmmatrial betrieben wurde, um jene 111 Minuten auf die Leinwand zu zaubern, die dann einen Umsatz von 6,5 Millionen Deutsche Mark einspielten. Später kamen noch jene Gelder hinzu, die durch das - heute als Merchandising bekannte - Verwerten von anderen Medien sowie Rechten eingespült werden konnten.

Da saßen wir nun, in den Sonntagnachmittag hinein gehenden Stunden ab 17.00 Uhr, dem Beginn der Nachmittagsvorstellung im Kur _ Kino zu Bad Eilsen und harrten der Dinge, die gleich noch kommen sollten. Ein Sitzplatz in der Kategorie " Parkett " kostete irgendwann im Mai 1963 2, 50 DM, in der unteren Kategorie, dem " Sperrsitz " 2, 00 DM und in der " Loge " 3,50 DM. Viel Geld eigentlich, denn unsere Eltern verdienten wenig ( Maurer-Tariflohn ab 01.05.1963 = 3,57 brutto / Std. bei 43 Wochenstunden ). Der Zusatzverdienst unserer Mutter als ungelernte Verkaufskraft in einer Einzelhandelsklitsche änderte daran nur bedingt etwas.

Also 3 x 2,50 DM = 7, 50 DM. Mitbekommen hatten wir 10,00 DM. Deshalb verblieben eben noch 2,50 DM für drei Tüten Popcorn a´0,50 DM. Aufgeregt waren wir schon, weil die Fotos in dem Schaukasten vor dem baufälligen Eingangsbereich des Kinos durchaus Spannung versprachen. Mit wilden Schießereien gegen die bösen Indianer, richtigen Prügeleien mit den bösen Mannen des Colonel Brinkley und todesmutigen Ritts durch Wüsten, Berge und Prärien.
Nach der üblichen Werbung für Coca-Cola, Peter Stuyvesant und einigen lokalen Geschäften aus Bückeburg sowie der Filmvorschau plärrte die Musik von Hermann Böttcher über die eher quäkenden, weil veralteten Kinolautsprecher los. Eine herzzerreißende Tonmischung aus Westernmelodie, Abenteuertönen und Hollywood-Dramaturgie ergoss sich in unsere Ohren. Dann ritten sie, die Bösewichter um den schlimmen Colonel Brinkley; Fred Engel prügelte sich in einer Spelunke, die " Saloon " hieß, einige Indianer wurden danach erschossen. Sodann tauchten sie auf, unsere beiden Helden Old Shatterhand und Winnetou, die uns über die nächsten Jahre ständig begleiten sollten. Mannhaft stemmten sie sich gegen das Böse und schossen auch schon mal, wenn es unbedingt sein musste. Unsere Idole - danach von der " BRAVO " mit Titelbildern, Starschnitten und sonstigem Gedöns immer wieder ins Gedächnis zurück gerufen - kämpften den einsamen Kampf gegen übermächtige, wilde Cowboy-Horden des Colonel Brinkley und gewannen diesen zum Schluss.

Zwischenzeitlich gab es einige Spasseinlagen vom Sam Hawkins und Lord Castlepool, die beiden schrulligen Anti - Helden und eher liebenswerten Dummerchen in der Welt des Wilden Westen Jugoslawien´s. Nach knapp 2 Stunden war dann die erste Filmepisode Shatterhand/Winnetou beendet. Glücklich darüber, dass auch hier wieder einmal mehr das Gute obsiegt hatte und dem damit verbundenen rechten Wink mit dem Zaunpfahl, dem erhobenen Zeigefinger aus der Erwachsenenwelt, wonach sich Schurkentum, Unredlichkeit und Ganovenstücke, eben jene Dinge, die nicht zur guten Erziehung im Sinne eines westdeutschen Spießerhaushalts, die hier dem Schulkind auch vermittelt wurden, gehörten, sich auch nicht lohnen, gingen wir stolz nach Hause. Um 19.30 Uhr war nach dem gemeinsamen Abendbrot, sofortige Nachtruhe angeordnet. So träumten wir weiter, von den Abenteuern des dynamischen Duos aus den Karl May - Romanen. Unsere großen Helden wurden später noch durch Old Surehand, Old Firehand, Old Wabble und weitere Helden ergänzt. Einige unter uns bauten sich sogar deren Gewehre nach, hängten die " BRAVO " - Starschnitte an die tapezierte Wand und kauften sich Bildbände, die Musikstücke auf einer Vinylscheibe oder Sammelbilder, die in ein Album eingeklebt werden mussten.
Über viele Jahre grassierte die Karl May - Film - Euphorie auch in anderen Medien. Pierre Brice, Marie Versini, Stewart Granger, Karin Dor, Uschi Glas, Lex Barker, Rod Cameron, Götz George, Ralf Wolter und wie sonst noch alle heißen ( hießen, denn einige der Schauspieler sind längst verstorben ) produzierten eine Parallelwelt, jenseits des tristen 60er Jahre - Alltags und den Steinzeiterziehungsmethoden.

Fünf Dekaden nach dem ersten Karl May - Film möchte ich sie nicht missen, unsere tollen Helden von einst.


Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Klassiker (auch wenn Karl May auf Papier meiner Meinung nach eine schlimme Geduldssache ist)!

Kam an den Weihnachtstagen immer in einem unserer vielen DDR-TV-Programme. Gehörte für die Kinder zu Weihnachten, wie Radeberger für die Väter. ;o)
til_o. hat gesagt…
Karl May war in den frühen DDR Jahren äußerst unerwünscht. Das Bild, was er vom wilden Westen zeichnete fand man zu unrealistisch und verherrlichend. Was ja irgendwie auch zutrifft. Damals gab es nur politisch korrekte Filme, wie die DEFA Indianerfilme, die zwar kein Deut besser waren aber sich immerhin mit einem hohen Anspruch auszeichneten, was wir Stifte nicht ausreichend zu würdigen wußten. Außerdem gab es wohl diverse rechtliche Differenzen mit den Karl May Erben, weswegen das Karl May Museum nicht als solches galt. Offiziell war es schlicht das Indianermuseum.

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