Schauspieler oder die Kunst des Überlebens.

Wer gestern Abend den quadratierten Schwachsinn rund um die Verleihung der " Goldene Kamera " im ZDF gesehen hat, musste den Eindruck gewinnen, dass er der Filmbranche im Allgemeinen und der Garde der ungezählten Schauspieler im Besonderen doch sehr gut geht. Hier wurde dem für dumm verkauften Zuschauer suggeriert:
Die Stars spielen tolle Rollen und kassieren hohe Gagen.

Tatsächlich sieht es hinter den künstlichen Glitzerkulissen völlig anders aus: Die meisten Schauspieler können von ihrem Job nicht existieren. Eine Bestandsaufnahme in Form einer Studie der Universität Münster sagt nämlich, dass die Mehrzahl der Berufsschauspieler von der Hand in den Mund leben.
Als aktuelles Beispiel lässt sich die Darstellerin Sibel Kekilli heran ziehen. Kekilli ist eine noch junger, talentierte Schauspielerin.
Sie hatte bei jener Veranstaltung mit allem gerechnet. Nur nicht damit, dass sie an diesem Abend ihre zweite Lola bekäme. Sibel Kekilli, beim Deutschen Filmpreis 2010 als beste Hauptdarstellerin für das Kinodrama "Die Fremde" nominiert, stand überrumpelt am Mikrofon und sagte atemlos: "Ich, weiblich, von Beruf Schauspielerin, Spielalter von 23 bis 30, bin an guten Stoffen interessiert. Lasst mich nicht wieder vier bis sechs Jahre warten. Ich will arbeiten!"
Was hier als Hilfeschrei verstanden werden sollte, wird indes von der verlogenen Glamourwelt mit ihren Regenbogen-Gazetten einfach ignoriert.

Ein eher unkritischer Zuschauer wird es als seltsamen Auftritt bewertet haben, denn dessen Informationen sind eher oberflächlich und auf Promi - Klamauk abgestellt. Kekilli  war zunächst - seit ihrem Durchbruch mit "Gegen die Wand" (2004) - auf der Erfolgsspurr und sammelte internationale Auszeichnungen. Dass dieses kein Rollen und demnach auch keine Geld einspielt, wussten auch  die Kollegen im Saal, die sich sofort, von Kekilli angesprochen fühlten. Weil selbst Filmpreise und Berühmtheit niemals vor Arbeitslosigkeit und Rollenflaute schützen.

 http://www.tagesspiegel.de/kultur/kino/berlinale/schauspieler-viel-ehre-wenig-geld/3849690.html

Dieses belegt eben die jetzt veröffentlichte Studie aus Münster. Hiernach können lediglich 2 % aller Schauspieler von der Gagen und damit von ihrer Arbeit leben.
 Bezogena uf die rund 5000 Schauspielern, die hierzulande für Film und Fernsehen arbeiten, sind das 100 also ein sehr kleiner Teil, der dann davon ausgezeichnet existiert. Nach Angaben der ZAV-Künstlervermittlung, die zur Agentur für Arbeit gehört, haben sich die Einkünfte der Künstler seit 2008 in etwa  halbiert, die Drehzeiten sind kürzer, die Gagen geringer geworden. "Bei den Nebenrollen ist die Ansage: Es gibt 800 Euro pro Tag. Entweder macht man's dafür, oder man lässt es. Dann greift ein anderer zu, denn die Tendenz geht zu 500 Euro", so die Aussagend er ZAV..

500 Euro Tageslohn klingen zwar üppig, sind aber zum Leben zu wenig, wenn sie nur an ein paar Tagen pro Jahr reinkommen. Sogar die "Big Names" wie die Schauspielerinnen Maria Furtwängler oder Veronica Ferres müssen inzwischen Zugeständnisse bei den Gagen machen. Nun trifft es hier weder eine Arme, noch schadet es dem Ruf der sonst Hochbezahlten. Dennoch gab der Schauspieler Hans-Werner Meyer, seines Zeichens  Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Film- und Fernsehschauspieler BFFS, sazu bedenken, dass die Entwicklung bedenklich sei:  "Ich finde das ausgesprochen beunruhigend. Wenn es da oben wankt, befinden wir uns unten schon im freien Fall.", formulierte Meyer in einem Interview.

Dass die Zeiten schlechter werden, zeigt sich  anhand der Studie der Uni Münster, die im Auftrag des BFFS bundesweit 710 Schauspielerinnen und Schauspieler zu ihren Arbeits- und Lebensumständen befragt hat. Die Ergebnisse zeichnen ein düsteres Bild. Gut zwei Drittel der Befragten (68,1 Prozent) haben im vergangenen Jahr weniger als 30 240 Euro brutto verdient. Nach Abzug von Agenturprovision (üblich sind 10 bis 15 Prozent), Steuer und Sozialabgaben bleiben monatlich rund 1000 Euro.

Die sonst gezeigte, die affektierte und vom Personenkult der Medien getragene Schauspielergruppe kann demnach nicht von der - zweifelsohne nach der Zulassung von Pivatsendern - veränderte Fernsehlandschaft partizipieren. Im Gegenteil: Durch den enormen Konkurrenz - und Kostendruck haben sich die Produktionsmethoden eher noch weiter industrialisiert. Die Folge davon sind nicht nur erhebliche Qualitätsverluste bei den Sendethemen sondern auch bei den Darstellern. Oft werden sogar nur Laien als solche heran gezogen. Die Masse verdirbt aber auch die Preise. Damit erhöht sich auch der Konkurrenzdruck immens. Die Folge ist der Verfall der als angemessen anzusehenden Gagen.

So findet sich ein einstiger " Traumberuf " im ökonomischen Bereich im Abwärtstrend, mit der Folge, dass die ausgebildeten Akteuere immer häufiger den Gang zur ARGE beschreiten müssen, um dort Sozialtransfers zu beantragen.
Das so genannte " verhartzen " eines vormals hoch angesehnen Berufsstandes ist jedoch keine typische Zeiterscheinung, denn auch vor vielen Dekaden konnten Künstler nie von ihrem Beruf leben.Immerhin halten die Lateiner dieses für keinen großen Makel, sondern konstaieren:

"Beatus ille, qui procul negotiis."


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