Die zweite Frau oder wie aus einem Muttersöhnchen ein Mann wurde.



 Samstagachmittag zeigte ARTE eine Wiederholung des 2007 produzierten Films " Die zweite Frau ". Eigentlich nichts besoderes im Zeitalter der Schnelllebigkeit, Oberflächigkeit und des Egoismuses.
Der Inhalt des 2008 zum ersten Mal ausgestrahlten Films ist schnell erzählt:

Erwin Kobarek, ist nicht nur ledig und Ende 30, sondern er führt mit seiner Mutter ein einfältiges Leben in der Pampa. Hier betreibt er eine kleine Tankstelle. Das Muttersöhnchen ist nicht nur durch dieses Leben geprägt, sondern auf durch das Idyll, irgendwo in der deutschen Provinz. Unerwartet kommt in dieses biedere Leben eine dramatische Wende, und zwar mit seiner Entscheidung, über eine Heiratsvermittlung eine Frau aus Rumänien zu holen. Die Mutter bestärkt ihren Sohn  Erwin zwar in diesen Plänen, denn sie fühlt, wie das Leben sie allmählich verlässt und sie will ihren geliebten Sohn nicht unversorgt lassen, zeigt sich aber als sehr ablehnend gegenüber der zweiten Frau. Deshalb entwickelt sie gegenüber der jüngere Irina ein Eifersuchtsduell. Das dabei die beiden Frauen sich nicht näher kommen, liegt auf der Hand. Den emotionalen Kampf Lebensgefährtin gegen Mutter, verliert Letztere durch den Ausbruch einer schweren Krankheit mit anschließendem Tod.
Erwin selbst steht vor den größten Herausforderungen seines Lebens: Er muss ausbrechen aus seinem beschaulichen Aquarium, er muss aus dem über den Tod hinausreichenden Schatten der Mutter treten, er muss Liebesfähigkeit für eine andere Frau als seine Mutter entwickeln. Er nimmt diese an ihn gestellten Aufgaben ernst und kämpft um sein neues Leben. Dabei entwickelt er tatsächlich eine späte Erwachsenheit und findet sein neues Glück. 
Was zunächst als Provinzposse mit einem hochgradig unreifen und unbeholfenen Mann beginnt, entwickelt sich mit zunehmender Spieldauer als komplexes Handlungsgebilde, innerhalb dessen die Metarmorphose eines Muttersöhnchens und für jene Mutter zum Partnerersatz degradierten Erwin aufgezeigt wird. Die Befreiung aus dem Joch der liebevoll - dominanten Mutter gelingt Erwin erst mit deren Tod.
Erst dann erwacht der bereits ältere Mann aus seinem Phlegma und lebt sein eigenes Leben.
Das dazu die aus dem armen Rumänien ausgebrochene Irena den Anstoss gibt, kommt nicht von Ungefähr. Schließlich hat auch sie eine Vergangenheit abzulegen, die sich aus einer gescheiterten Ehe mit einem Säufer und Schläger als Ehemann und dem täglichen Kampf ums Überleben in dem EU-Land ohne Perspektive ergibt.

Der Film hätte auch leicht " Ödipus auf Abwegen " heißen können, denn die Handlung ist durchaus zeitbezogen. Immer mehr Muttersöhnchen verlassen das " Hotel Mama " erst nach vielen Jahren der all - inclusiv - class, um sich dann einzugestehen, dass sie lebensuntüchtig sind. Was vielleicht vor vielen Jahren noch aus ökonomischen Gründen nachvollziehbar war, denn die finanziellen Bedingungen waren einst wesentlich ungünstiger, um als Auszubildener oder Student einen eigenen Haushalt zu gründen, ist heute als Luxusvariante gang und gebe.

Der exzellent spielende Sohn des verstorbenen Bundeskanzlers Willy Brandt, Matthias Brandt, zeigt plastisch, wie aber auch ein durch das eintönige Leben in der öden Provinz geprägter junger Mann, ohne anerzogenen Mut zum Eigenleben, altert und dabei vergisst, dass das Leben verinnt. Ebenso eindrucksvoll, wie auch typisch verkörpert die leider viel zu früh verstorbene österreichische Schauspielerin Monika Bleibtreu die Mutter. Eine nach außen hartherzige, selbstbewusste, von dem täglichen Überlebenskampf gezeichnete Frau, die sich ihren einzigen Sohn als Faustpfand gegen das Altern und die Einsamkeit in der bundesdeutschen Provinz nimmt. Das Triumvirat wird durch die rumänische Schauspielerin Maria Popistasu vervollständigt, die ihre Rolle als gekaufte Frau aus dem Osten, nämlich Rumänien, ohne Glaubwürdigkeitsverlust spielt. Wer kann das soziale Elend in einem der ärmsten Länder Europas besser herüber bringen, als eine wohl betroffene Schauspielerin?

Der Film hat allerdings auch einen gesellschaftskritischen Hintergrund denn:

Eines Tages merkt auch jeder junge Mann mit Hang zur Bequemlichkeit, dass die Überversorgung durch die Eltern oder Mutter keine Pluspunkte auf dem Partnermarkt ergibt. Welche junge Frau favorisiert schon einen möglichen Partner, der noch bei " Mutti " wohnt.

Darsteller:




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?