Es ist aufgemännelt!




Die Adventszeit hat so ihre Eigenarten. Da glitzert es in den Schaufenstern der Konsumtempel. Da blinkt es in den Plastefenstern der Palttenbauwohnung. Da leuchtet es in den Vorgärten der schmucken Eigenheime. Oft genormt, damit der zu ködernde Konsument ja nicht vorbei gehen kann. Meist geschmacklos, da die Amis uns mit ihrem grellen Schmück-Schund längst über rannt haben. Selten individuell, weil dieses etwas mit Kraetivität und Schwimmen gegen den Strom zu tun hat.

Wenn es ab 16.00 Uhr langsam schummerig wird, wenn die Beleuchtungen sukzessive angeschaltet werden, dann lässt sich aus so einigen Fensterdekokrationen zur Vorweihnachtszeit durchaus erkennen, wer hinter den Mauer wohnt.

Lange Zeit habe mich gegen den vielen Schnick-Schnack rund um das Weihnachtsfest gewehrt. Das Schmücken von Fenstern war mir zu spießig. Das Anbringen von Schund an der PKW-Windschutzscheibe oder der Heckscheibe bewerte ich heute noch als hirnrissig. Die blinkenden Kitsch-Girlanden in den Vorgärten oder das Extrem-Schmücking sind ebenfalls als Ausgeburt der US-amerikanischen Geschmacksverirrung zu betrachten.

Neben diesen jährlich wieder kehrenden Ärgernissen in Form von Illuminationstinnef, gibt es dann noch die heimlich ausgefochtenen Duelle der Nachbarn zur Klärung der Frage: " wer ist der erste Mann? " Da wird nach dem Hase-Igel-Prinzip gewetteifert. Als könne es der jeweils antretene Gegner nicht erwarten, werden die Weihnachtsverschönerungsgegenstände bereits Mitte November aus den Abstellorten heraus gekramt, überprüft und klamm heimlich installiert. Da strahlt, blinkt und leuchtet es in allen nur erdenklichen Variationen weit vor dem ersten Advent.

Nachdem ich die Schnitzkunst der sächsischen Erzgebirgsregion über viele Jahrzehnte eigentlich vermißt habe, gehört es nunmehr zu meinen ehelichen Pflichten, die Augen des Hauses zu verschönern. Nicht vorfristig, aber auch nicht säumig, sondern punktgenau zum 1. Advent - wird dann " aufgemännelt "!

Ich habe aufgemännelt.
Du hast aufgemännelt.
Er,sie, es haben aufgemännelt.

Da bin ich Manns genug zu sagen: " Ein, zwei, drei Männlein stehen im Fenster, still un stumm. Sie haben ein buntes Beinkleid um. Ach, wie gut das jeder weiß, das ich Nussknacker heiß!"
Man, o Mamm, ist das ein aufgemänneltes Fenster!

Kommentare

til_o. hat gesagt…
Wenn ich so den erzgebirgischen Nussknacker hinter den Scheiben sehe, schließt sich in mir ein uralter Kreis.
Damals kam ich in den Genuß einer militärischen Ausbildung und während derer mußte das Schießen unter gefechtsnahen Bedingungen geübt werden. Das hieß, in Schützenkette loslatschen und ballern bis der letzte Pappkamerad umgefallen war. Dieser war nicht aus Pappe, sondern aus massiven Blech, was sich per Seilzug vom Schießstand aus wieder aufrichten lies. Der Altgediente der diesen bediente war der erzgebirgischen Mundart mächtig und so scholl es zu uns quer über das Schlachtfeld: »'S is' a'gemännelt!« sobald die Bleche wieder in der Senkrechte waren. Ob er uns noch ein »Glück auf« hinterherrief, weiß ich nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Aber das liegt wahrscheinlich im Bereich der Legende.
Lobster53 hat gesagt…
Aha, Til, also auch gedient! Wenn auch auf einer damals anderen Seite der Elbe. Aber Dein Kommentar zeigt mir, dass ich mit dem " a´gemännelt" nicht so falsch liege. Die Nußknacker aus dem Erzgebirge gefallen mir auch besser, als die NVA-Kameraden von einst und der US-Weihnachtsmüll von heute.
Octapolis hat gesagt…
Da kommt man sich mal wieder herrlich unwissend vor. Als Zivi (Kriegsdienstverweigerer nannten sie mich auf dem Kreiswehrersatzamt) gabs nur Essenwagen und Müllsacke. Die wurden aber nicht aufgemännelt sondern nur rumgeschoben...

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