Pumps, High-Heels, Skyscraper oder: Wie verkrüppele ich meinen Fuss?

 Ein lauer Wind, Außentemperaturen im Bereich über 15° c und Sonnenschein waren die idealen Voraussetzungen für eine Einkaufsfahrt per Perpedes in die Kesseldorfer Straße. Entlang der Raser-Rennstrecke Wiesbadener Straße führte mich der Weg über die Dölzschner Straße, die Clara-Zetkin-Straße und Bünaustraße auf die Kesselsdorfer Straße, direkt in den von 7.00 - 20.00 Uhr herrschen Einkaufstrubel.
Dass der Realzustand vieler Straße der sächsischen Landeshauptstadt sich mit der Pampa in Timbuktu vergleichen lässt, war für mich auch    dieses Mal kein Hindernisgrund. Der - nicht nur körperlich - gepeinigte Radfahrer erlebt auch bei kurzen Touren den Verkehrswahnsinn hautnah und muss sich nicht nur ein Mal fragen, ob das aufgeblasene Ambiente rund um die Innenstadt nicht nur Augenwischerei darstellt,um den hoch heiligen Tourismus noch weiter aufzupäppeln, während dessen die Außenbezirke einer Schuttablade- und Restbetonelementeverarbeitungsregion gleichen.

Nun, gut, auch der profane Fußgänger hat so seine liebe Mühe, den unfallfreien und geraden Weg auf den Holperpisten dieser, unserer Landeshauptstadt zu finden. Da lauern nicht nur Stolperkanten in sämtlich Variationen, ausgespültes Kopfsteinpflaster oder abgesenkte Betonplatten aus DDR-Zeiten in ihrer typisch mausgrauen Farbe, sie alle bedeuten höchste Gefahr für den Verkehrsteilnehmer.

Da ist es erforderlich, den richtigen Schuh zu tragen. Er sollte nicht nur bequem sitzen, sondern auch jene Standfestigkeit erfüllen, die erforderlich wird, wenn der unachtsame Nicht-Motorisierte sich fort bewegt und dabei Gefahr läuft, sich immer irgendwo und irgendwie an jenen kreativ befestigten Fußgängerwegen die Haxen zu brechen.

Tja, die Billigpropaganda von den Blühenden Landschaften zur Kohl-Ära zeigt hier das wahre Gesicht. Da führen tendenziöse Berichterstattungen - so wie kürzlich im WDR über angeblich Schulden freie Ost-Kommunen und prunkvoll renovierte Altbauten in den Städten - zu wahren Lachkrämpfen. Wer eben die alltäglichen Eiertänze auf den Wegen der sächsischen Metropole vollziehen muss, kann nur im den Kopf schütteln, wenn solche Blindfische aus dem Topf mit journalistischem Einheitsbrei sich aufschwingen, die Solidaritätsabgabe der Städte und Gemeinden abschaffen zu wollen.

Als ich den - immerhin vorhandenen - Fahrradweg an der Kesselsdorfer Straße verließ, um bei dem " Löbtauer Service Center " eine zu reinigende Jacke abzuholen, jagten beim Abstellen und Abschließen des Fahrrads einige Gedanken an längst vergangene Zeiten durch den Kopf.
Was gab es nicht alles für "tolle" Handwerksberufe, damals zu meiner Kindheit / Jugend?
Schuster oder Schuhmacher,Sattler, Schmied....

http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Handwerksberuf

Längst sind davon viele als " ausgestorben " zu bezeichnen. Nicht, weil es Niemanden mehr geben würde, der diese Berufe erlernt, sondern eher, weil diese Gewerke niemand mehr nachfragt. Aufgefressen von der industriellen Fertigung, dem technischen Wandel oder dem wandelnden Zeitgeist.

So schloss ich das High-Tech-Gefährt ab und betrat den Verkaufs - und Fertigungsraum des " Löbtauer Service Center ", das neben einer Reinigungsannahmestelle, einem Schlüsseldienst, auch einen Schuhreparaturdienst anbietet.

Eine nach Erreichen der Rentenaltersgrenze aussehender Mann fragte mich sehr höflich nach meinem Anliegen. Ich legte ihm den zuvor erhaltenen Abgabebeleg vor, der in der handelsüblichen Größe, versehen mit einer Registriernummer und in gelblicher Papierfarbe, eine Woche zuvor mir übergeben wurde. Ich zückte die Geldbörse und wollte gerade die 4,90 € entrichten, als neben mir die Tür aufging und eine ältere Dame den Raum betrat. Nur wenig später öffnete sich die Ladentür erneut. Mit einem lauten " Nun pass'doch mal auf!" schoben sich zwei weitere Personen an den Tresen.

Kaum hatten diese ihre Position eingenommen, blaffte die sichtbar ältere der beiden Frauen erneut los: " Wenn Du nicht guckst, wo Du hin trittst, machst Du mein Arbeitsmittel kaputt!", formulierte die Dame mit adretter Frisur, grell geschminktem Gesicht und einem Modeboutiquen-Outfit. Sie sieht dabei ihre Begleiterin ( ich vermutete, dass es die Tochter gewesen sein könnte ) vorwurfsvoll an. Diese, nicht gekämmte Haare, prolliges Outfit der 80er-Punkjahre in schwarz und Mehrfach-Piercing an den Lippen, Ohren sowie der Nase, grinst.
Ich grinse zurück. Schaue musternd die Grand Dame von oben nach unten laufend an und lasse mich zu der Feststellung hinreißen:
" Bei diesem Hochhaus-Absätzen ist es kein Wunder, dass man das Gleichgewicht verliert!"

Die jüngere Dame grinst jetzt noch breiter. Ich fühle mich in meiner Meinung bestätigt und setzte noch einen weiteren Seitenhieb in Richtung des Möchte-gern-Mutter-Models:
" Bei solchem Arbeitsmittel braucht man einen Waffenschein!" und:
" Beim nächsten Mal ziehe ich mir Schischuhe an und nenne das dann mein Arbeitsmittel!".

Der Mitarbeiter/Inhaber des Geschäfts gibt mir die Jacke über den Tresen und 10 Eurocent zurück. Ich bedanke mich höflich, drehe mich nochmals provozierend zu dem Damenduo um, grinse erneut und verlasse sicheren Fußes das Geschäft.
Beim herausgehen denke ich noch bei mir: " So eine  Tusse! ".
Später, das Fahrrad bereits wieder schiebend, hechtet das dynamische Duo an mir vorbei. Es durchzuckt mich dabei der Gedanke, dass die Plattitüde, wonach der Apfel nicht weit vom Stamm fällt, wohl auf jene  Damen nicht zutreffen kann.

Als die Fashion-Lady stöckelnd über die DDR-Betonplatten eierte, stellte ich mir zudem die Frage, welche Höhe diese Fußbekleidungsmutation wohl haben würde. Ein Blick in das von Google kredenzte Trefferangebot unter der Eingabe Stöckelschuhe, lässt erkennen, dass es neben den Pumps, den ab den 50er Jahren aus den USA eingeführten Stöckelschuh, auch noch weitere Marterinstrumente zu kaufen gibt.
Die High-Heels sind eine weitere Abart des klassischen Damenschuhs und beginnen ab einer Absatzgröße von 10 cm bis zu 14 cm für Mode bewusste Damen interessant zu werden.
Eine besondere Unterklasse dieser Abart nennt sich dann - ganz amerikanisch, versteht sich - "Skycraper". Der Begriff stammt ursprünglich aus der Hochbautechnik, weil darunter eben die so genannten " Wolkenkratzer" in den USA bezeichnet wurden.


http://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%B6ckelschuh

http://de.wikipedia.org/wiki/High-Heels

http://de.wikipedia.org/wiki/Absatz_%28Schuh%29

Damit aber nicht genug: Die massiven Auswirkungen auf den menschlichen Stützapparat werden durch die Modeindustrie geflissentlich verschwiegen. Neben irreparablen Haltungsschäden beim Dauergebrauch dieser Mordwerkzeuge, kommt - selbstredend- eine signifikante Verkrüppelung der Füße hinzu. Dass die Folge davon eine Gehbehinderung sein wird,dafür interessieren sich weder die verblödeten Modemacher noch die Verantwortlichen aus dem Bereich der industriellen Schuhfertigung in Asien.

Der Schuh als reine, zweckmäßige Fußbekleidung und Schutzmittel gegen die Unbill des Lebens jenseits der beheizten Vier Wände, wird durch jene Pervertierung als dolores Werkzeug einer auf Äußerlichkeiten fixierten Gesellschaft missbraucht und führt dazu, dass der dem geistig unterbelichteten, aber nach Aufmerksamkeit bettelnden Modepüppchen alsbald der Orthopäde mit seinen Folterinstrumentarium den Rest des Lebens vermiesen wird. 

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Abb. Oliver Luma - Wikipedia ( Schuh in Farbe schwarz und rot )
         Otilia Luther - Wikipedia

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