Lasset die Daten zu mir kommen.


                                                                                    (c) Don-Kun-Wikipedia

 Am 13. und 19. Februar steppte in der Dresdner Innenstadt der Bär. Eine Vielzahl von Gruppierungen, Bündnissen und auch Vereinen hatte zu einer Gegendemonstration wegen eines Aufmarsches der NPD aufgerufen. Es kamen einige tausenden Menschen. Darunter auch so genannte Linksautonome, die sich dann wilde Straßenschlachten mit der Polizei lieferten. Es gab Verletzte, Sachschäden in Millionenhöhe und eine hitzige Debatte im Sächsischen Landtag.

Nach einigen Wochen schien das Thema aus den Medien und den politischen Gremien verbannt zu sein. Bis Anfang Juli bekannt wurde, dass die Dresdner Polizei im Rahmen von einer groß angelegten Ermittlungen wegen eben jener Gewalttaten mehr als eine Million Datensätze von mehr als 300 000 Handynutzern erhobenen hat, die zuvor aufgezeichnet worden sein sollten, wobei Telefonnummern, Gesprächsdauer und Standorte der Nutzer festgestellt wurden.
Ein Datenskandal aller erster Güte.
                                                                                                     

  (c) Anders - WIKIPEDIA
Der sächsische Datenschutzbeauftragter Andreas Schurig will bis 10. September einen Prüfbericht zum Datenmißbrauch vorlegen. . Auf einer Sondersitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses im sächsischen Landtag verständigten sich die Fraktionen am Freitag einvernehmlich auf einen Bericht des Datenschützers. Schurig kam ihnen mit seinem Einverständnis entgegen, was eine formelle Beschlussfassung des Landtages bei einer Sondersitzung in der Sommerpause überflüssig macht.


Die Opposition übte entsprechenden parlamentarischen Druck auf den sächsischen Innenminister aus und verlangte eine lückenlose Aufklärung zu den Vorkommnisse.

Zudem verlangen sie Auskunft über die Rolle der Justiz. Denn die Abfrage der Handydaten erfolgte   mit richterlicher Genehmigung. Mit Blick auf die laufenden
 Ermittlungen geben die zuständigen Behörden derzeit zu einzelnen Punkten jedoch keine Auskunft.Festzustellen bleibt allerdings, dass zum einen die Erhebung von Datensätzen zu Telefonverbindungen zum Zwecke des Datenabgleichs die Qualität einer Rasterfahndung besaß, die wiederum keine konkreten Verdächtigen betraf, sondern zum anderen auf Träger von Berufsgeheimnissen betraf, womit die Aktion als rechtswidrig einzustufen wäre.
Somit haben die Ermittlungsbehörden die Pflicht, sämtliche im Rahmen dieser Aktion erlangten Daten sofort zu löschen.

Der Hintergrund jener massenhaften Datenerhebungist, dass Dresden in jedem Jahr im Februar Schauplatz von Aufmärschen Rechtsextremer aus ganz Deutschland und dem Ausland wird, weil.am 13./14. Februar 1945
die Elbestadt bei Bombenangriffen der Alliierten annähernd vollständig zerstört wurde und hierbei schätzungsweise 25 000 Menschen ihr Leben ließen. An diesem Ereignis wird seit vielen Jahren von Neofaschisten durch provokate Aufmärsche erinnert, wobei diese die Bombadierung der Stadt durch Alliierte Flugzeuge als "Kriegsverbrechen" qualifizieren und mittels einseitger, propagandistischer Geschichtsschreibung entsprechende Hetze gegen Kriegsbeteiligte betreiben.

Am Rande friedlicher Gegendemonstrationen sah sich die Polizei auch in diesem Jahr mit Gewalt in bislang unbekanntem Ausmaß konfrontiert. Mehr als 100 Polizisten und etwa 150 Demonstranten wurden als verletzt gemeldet. Im Zusammenhang mit schweren Straftaten erfolgte die Funkzellenabfrage.

Allerdings rechtfertigten die Geschehnisse im Februar 2011 es nicht, durch einen eklatanten Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmung zu versuchen, die bislang anonymen Gewalttäter zu ermitteln.
Das sehen allerdings einige verblendete Dresdner und Sachsen anders. So kommentierten Leser der Sächsischen Zeitung (SZ) die Berichterstattung über den Datenskandal so:

" Wir rufen oft nach mehr Polizeipräsenz, wünschen uns größere Sicherheit. Aber wehe, den Beamten, die sich einmal der Kommunikationsmittel bedienen, welche Ganoven und Chaoten massenhaft für ihre die Demokratie missbrauchenden Aktionen nutzen. Da kommen sofort die Demokratieschützer auf den Palme und sehen die Freiheit und Würde der Persönlichkeit ( die der Krawallos?) verletzt. "

Und weiter:
" Was die Opposition, insbesondere die Linken, im Landtag abziehen, ist unseres Erachtens nur widerliches Theater. Als es nach dem 19. Februar um die entschiedene Verurteilung der gewalttätigen Ausschreitungen ging, wartete man vergeblich auf eine klare Aussage von diesen Abgeordneten. Nun aber, wo es um die Kriminalisierung der Ermittlungen gegen diese Straftaten geht, um einen politischen Skandal zu provozieren, kriegen sich genau diese Abgeordneten kaum noch ein. Das ist der eigentliche Skandal."

Aber aller schlechten Dinge sind drei:

" Am 19. Februar wurden Steine geworfen..... Die Steinewerfer sind Kriminelle, den sie nehmen in Kauf, dass Menschen getroffen und getötet werden. Um ihre Straftaten zu organisieren, benutzen sie Handys, z.B. um zu verabreden, wie man unter Umgehung der Polizeisperren über Zäune und Gärten auf die Reichenbachstraße gelangen kann. Die Zentrale firmiert unter dem Namen " Dresden nazifrei ". Wie anders soll man einen Zettel mit Telefonnumern deuten, der einem der Straftäter beim Übersteigen eines Zaunes in unserem Nachbargrundstück verloren ging? Unsere Gesellschaft wäre am Ende, wenn sie Straftätern erlaubt, moderne Kommunikationswege zu benutzen, die Strafverfolgung aber daran hindern will, die Wege zu kontrollieren. "

Hugh, wir haben gesprochen! Das diese, unsere Gesellschaft auch oder ganz besonders nach der Wiedervereinigung auf dem rechten Augen vollkommen erblindet ist, dürfte nicht nur anhand dieser Traktate, die sich auch noch " Leserbriefe " nennen dürfen, klar sein. Wenn die Meinungsfreiheit eben auch diese Mehrheitsmeinung von Blinden genau jenen Freiraum zubilligt, den diese mit Vorurteilen belasteten Schreiberlinge, aber gerade Andersdenkenden nicht zubilligen wollen, so kann der Staat und gerade die Gesellschaft nicht so gefährdet sein, wie es hier von  Dr. Winfried Prellner, Dresden, dem Ehepaar Brigitte und H.-J. Nimtschke, Bautzen und dem Prof. Sigismund Kobe aus Dresden gesehen wird.

Wie viel Dummheit muss ein Mensch besitzen, dass er Ursache und Wirkung in dem Fall der  Gewaltexzesse am 19. Februar 2011 in Dresden nicht erkennen will. Das Problem waren die Aufmärsche der Neo-Faschisten, die jedes Jahr die gleichen Gegenreaktionen, nämlich friedliche Gegendemonstrationen hervorrufen. Dass sich bei derartigen Menschenmassen auch einige Gewalttäter verbergen, lässt sich nur dadurch verhindern, dass es keine Nazi-Veranstaltungen mehr gibt. Dieses scheitert jedoch an dem grundrechtlich verbrieften Demonstrationsrecht. Die Kollegen aus der rechtsprechenden Zunft, werden und können diese Neo-Faschisten-Aufzüge nicht verhindern, denn sie sind durch das GG gedeckt, solange eben von diesen Zusammenkünften keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Und dieses lässt sich leider - präventiv - nicht dadurch Negieren, dass die NPD und ihre Vasallen selbst zu den Steinewerfern, Schlägern und Brandstiftern gehören.
Wenn es nun - wie erwartet - zu Straftaten, wie Landfriedensbruch, gefährlicher Körperverletzung gekommen ist, dann waren es - nach den bislang gezeigten Bildern von den Ereignissen am 19. Februar - nicht nur Linksautonome, wie die drei erblindeten Law & Order - Verfechter es gerne sehen möchten, sondern auch eine Vielzahl von Neo-Faschisten, die gegen die Polizeiabsperrungen in gewalttätiger Weise vorgegangen sind.

Und wenn Blinde, wie jene drei Schreiberlinge schon mal von der Farbe reden möchten, so wird dabei aber auch wirtlich Alles an Vorurteilen in den Topf geworfen. Die " Staatsfeinde " sind dann nicht nur kriminelle Steinewerfer, es sind auch Zäunekletterer und damit Hausfriedensbrecher, die die Spießeridylle an jenem samstag aufs Gröblichste verletzten, es sind Landtagsabgeordnete der Partei " Die Linke ", die sich angeblich nicht von den Straftätern ausreichend distanzieren, es sind Handy-Nutzer, die aus der Masse der Gegendemonstranten mit anderen Handy-Nutzern telefonieren, es sind auch unbeteiligte Dresdner - so wie ich -, die an jenem Samstag eben nicht in die Innenstadt zu einem Verwandtenbesuch gelangen konnten und deshalb den Besuch via Mobilfunktelefon schnell absagen mussten und es sind auch Sympathisanten - so wie ich -, die sich gegen die Faschistenaufmärsche aussprechen.

Warum soll eine illegale Rasterfahndung per Mobilfunkdatenabgleich, bei der eben auch jene Gespräche erfasst werden, die von der Mehrheit an Nichtbeteiligten geführt wurden, weil diese eher zufällig in der Nähe der Tatorte waren, erlaubt sein, nur weil damit eine handvoll Straftäter ermittelt werden können,die nicht einmal bedeutende Straftaten gegangen haben. Denn - auch wenn ich das Steinewerfen scharf verurteile - werden eben jene Täter eben nicht über Telefondaten ermittelt werden können, geschweige denn, diese aufgrund einer ausreichenden Beweislage einer Verurteilung zugeführt werden. Der Staat - nicht die Gesellschaft - schießt hier weit über das Ziel hinaus. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel ist nicht mehr gewahrt. Das ist einzig und allein der Skandal und nicht das Drumherum, an der Demonstration, bei der wohl keiner der Leserbriefverfasser selbst anwesend war.

Den Ermittlungsbehörden sind zwar sämtliche technischen Möglichkeiten gegeben, diese einzusetzen, muss sich eben als verhältnismäßig zeigen. Das ist in jedem Datenskandal eben nicht einmal ansatzweise der Fall, auch wenn die Maßnahem von einem Ermittlungsrichter des AG Dresden genehmigt worden ist.
Für die empörten Briefeschreiber sei die Empfehlung angebracht: " Mund halten, wenn man keine Ahnung hat!"

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Man stelle sich vor, sie würden die Handys nicht benutzen, um Steine zu werfen, sondern Steine, um Handys zu werfen. Da hätten die Datenschützer die Ohren an Felsen drücken müssen! ;o)
Lobster53 hat gesagt…
Mal eine andere Variante des Klassenkampfes. Die könnte sich dann auch Steinzeitkapaitalismus nennen. Interessant wäre dann aber, in welcher Funktion jene Kommunikationssteine zu den Nutzern stehen. Neandertaler?
Sei´ gegrüßt in der Heimat, Octa!

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