Der 15 Millionen Euro-Mann.


Tja, so ist das Leben nun einmal. Wo Licht, da Schatten, wo Freud´, da auch Leid und wo Glück, da auch Pech. Wer als SVW-Fan am Dienstag, 24.08.2010 ab 20.45 Uhr das CL-Qualifikationsspiel zwischen Samptoria Genua und dem SV Werder Bremen in der Fernsehübertragung bei SAT1 mit erleben durfte, der hatte sich zuvor - so wie ich - ein dickes Fell zu gelegt.

Eigentlich waren die Karten klar verteilt:
Die Genuesen mussten das Spiel gewinnen. Sie mussten mindestens 2:0 spielen. Sie mussten anderenfalls mehr als 3 Tore vorlegen. Dann wären sie in die CL-Gruppenphase eingezogen.

Das Hinspiel endete bekanntlich 3:1 für die Werderaner. Das späte Gegentor zum 3:1 war - wie sich bereits in der ersten Halbzeit zeigen sollte - für meinen SVW Gift in der Speise, die von Trainer Thomas Schaaf zu lasch und fade kredenzt wurde. Das Spiel brachte bereits nach 8 Minuten den ersten Treffer der Italiener. Gut, mit einem 0:1 hätte der Werder-Fan auch leben können.
Dann knallten die Genuesen einen satten Volleyschuß in das Gehäuse von Tim Wiese. Es stand bereits nach etwas weniger als 30 Minuten 0:2. Damit wäre der CL-Traum für die Grün-Weißen geplatzt.

Die spielten auch in der Folgezeit schwach. Eklatanter Ballverluste im Spielaufbau, Abwehrfehler bei den Gegenzügen des italienischen Vereins und ein Angriff, der bis zur ersten Halbzeit den Titel nicht verdient hatte. Richtiger wäre es gewesen, ein Beobachter hätte diese 45 Minuten aus SVW-Sicht so beschrieben:

Der Sturm war nur ein Lüftchen. Das Mittelfeld konditions - und zweikampfschwach. Die Abwehr so löcherig, wie ein Schweizer Käse.

In der Hoffnung, das die Kicker von der Weser in der 2. Halbzeit nun durch starten würden, stellte ich - nach dem üblichen Werbegebrüll - den Kasten wieder auf SAT1 um. Die Freude über ein zunächst ausgeglichenes Spiel währte nicht allzu lange. Ab der 60. Minute schien das Pulver meiner Lieblinge verschossen zu sein. Samptoria spielte wieder überlegen und erzielte in der 85. Minute das - wohl alles entscheidende - 3:0. Gefrustet stellte ich den Flimmerkasten ab. Das war´s mit der CL in 2010!

Zu früh, wie sich 8 Minuten später heraus stellte. Längst mit dem Gedanken befasst, die Nachtruhe einzuleiten, überlegte ich noch, wie ich die Rechtsfälle des morgigen Tages bearbeiten könnte.


So zeigte sich zwar jene 85 Minute in dem CL Spiel zwischen meinen Werderanern und den italienischen Profis von Samptoria Genua als der vorläufige Gau in meinem bisher sehr harmonisch verlaufenden Aufenthalt in der Hansestadt an der Weser dar. Nichts schien an diesem bisher trostlos verlaufenden Fußballabend für den SVW richtig zu laufen. Anzeichen der Besserung waren auch nicht mehr in Sicht.
Irgendwie war es ein letzter Hoffnungsfunke, der mich dann aber eben wegen jenes Schreies aufhorchen ließ, als dieser Urschrei aus der Nachbarwohnung erschallte: „ Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaah! „, so tönte es aus mehreren Kehlen. Sofort schaltete ich die Glotze wieder an. Der monoton dahin pläschernde Kommentar des Wolf Fuss hatte plötzlich eine ganz andere Tonlage. In der 93 Minuten setzte der zuvor eingewechselte „Edelreservist“ Markus Rosenberg von der Strafraumkante aus einen Rechtsschuss an nur eine Handbreit vor dem linken Pfosten in das Netz der Genuesen. Es stand 3:1! Nur noch 3:1, denn es gab unmittelbar danach eine Verlängerung.


Weitere 30 Minuten zittern? Würden das mein schon angeschlagene Nervenkostüm noch aushalten? Nach einer weiteren Werbe-Brüll-Paus pfiff der Schiedsrichter die Extrazeit an. Und,wie ein Wunder von der Weser,so wie einst gegen Spartak Moskau, den BFC Dynamo Ost-Berlin und den RSC Anderlecht,spielte nur noch eine Mannschaft: die in den grün-weißen Dresses. Werder erarbeitete sich eine Chance nach der anderen. War spielerisch überlegen. War läuferisch eine Klasse besser. Samtoria schien stehend ko, so sah es auch der Reporter Wolf Fuß.
Es kam, wie es kommen musste: in der 103 Minuten erhielt Claudio „Pizza „ Pizarro die Kugel messerscharf zugepasst. Er leif noch ein bis zwei Meter und zog dann knallhart ab. Das Leder schlug halb-links vom Torwart der Italiener ein. Ich ballte meine rechte Hand zur faust. „ Jooh!“, das war´s! Der Rest war fast wie ein Spiel auf ein Tor. Werder wäre nicht Werder, hätte die Mannschaft nun versucht, das Ergebnis zu verwalten. Nein, es folgten weitere Chancen zum Ausgleich. Wenn auch die Genuesen noch ein bis zwei gute Tormöglichkeiten besaßen, den Schlusspunkt setzte Werder. Kurz vor dem Abpfiff knallte das Leder an die Latte des italienischen Tor. In 3:3 wäre vielleicht auch ein wenig unverdient; zumal Samptoria 85 Minuten den effektiveren Fußball zeigte.
Es hat dem Verein jedoch keinen Erfolg erbracht. Cleverer waren die Spieler von der Weser Wie formulierte es einst Sepp herberger: „ Der Ball ist rund. „ „ das Spiel dauert 90 Minuten. „ Klar doch, so war es früher einmal. Heute ist der Ball zwar immer noch rund, besitzt High-Tech-Eigenschaften und fliegt oft unberechenbar. Das Spiel jedoch dauert stets mehr als 90 Minuten, und Tore fallen auch noch Sekunden vor Schluss. Und,es geht immer um mehr als nur die damlige Ehre, ein paar Mettwürste und eine Sporttasche aus Schweinsleder. Es geht um Geld. Um sehr viel Geld. Das hat auch mein Markus Rosenberg erkannt und endlich wieder ins Tor getroffen. Es war ein 15-Millionen-Euro-Tor. Markus ist der 15-Millionen-Euro-Mann, der Moneymaker, der Winner – zumindest in diesem Spiel.

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Mensch, du musst dir doch die Haare gerauft haben!?! Aber wie man sieht, können die Jungs doch noch Tore schießen.

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