Osterfeuer 2010


Der heidnische Brauch, zu Ostern ein Feuer im Freien lodern zu lassen, kann sich auch im zweiten Jahrzehnt des dritten Jahrtausends einer großen Beliebtheit erfreuen.


Was auf dem " platten " Lande eine sehr lange Tradition erfahren hat, darf in der Stadt schon längst nicht mehr gepflegt werden. Ein offenes Feuer, in dem trockene Äste, Laub und Pflanzenteile verbrannt werden, ist eigentlich verboten.




Erlaubt sind allerdings so genannte " Feuerschalen ", die es in diversen Variationen in den ungezählten Baumärkten zu erwerben gibt. Hierin darf der private Freizeitromantiker seinem, ansonst durch gestylten und genormten Alltagsleben abtrünnig werden, um den lodernden Flammen bei Bratwurst, Steak und Baguette zuzusehen.




Wenn dann - mit vorrückender Stunde - der Alkoholpegel steigt, erinnert sich so mancher Protagonist aus der Altersgruppe 50 plus an die eigene Kindheit und Jugend. Eins gehörten Lagerfeuer zum Repertoire der Wanderungen, Fahrradtouren oder gemeinsam Busfahrten. Die glücklichen Jahre in der Jugendgruppe als Pfadfinder, Jugendscharler oder Jugendschaftler wurden mittels gemeinsamen Absingens der Lieder aus dem Kult-Heft " Mundorgel " zu Gitarrengeschrammele und einem deftigen Erbseneintopf quasi versüsst.



Nun, auch die Jugendkultur unterliegt dem Zeitgeist. Nach der spät romatischen Episode der Endsechziger bis Siebziger, die sich durch am Feuer sitzende, den - oft auf autodidaktischem Wege erlernten - " Bobby " Dylan - Song " Blowin'in the wind " klampfende und ein Haschisch-Pfeifchen schmauchende Jugendliche auszeichneten, kam die noch anhaltende Phase der Konsum orientierten Lagerfeuerfans. Deren einziges Event eben das öffentliche Osterfeuer ist.



Bereits in den ersten Wochen des Neuen Jahr werden große Haufen an Ästen, Zweigen und Holzscheiten heran gekarrt, wasserdicht durch eine PVC-Plane gemacht und einen Tag vor dem Ereignis mit einem Traktor oder Radlader Meter hoch aufgeschichtet. Oft bedient sich der Veranstalter der Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr, die dann am Abend des Flammenschauspiels auch noch " Feuerwache " schieben müssen.



In den Zeiten der klammen öffentlichen Kassen, der Nothaushalte und Sparzwänge, verlangen viele Feuerwehren, Sanitätsdienste oder auch die Kommunen für die zur Verfügung stehenden Dienste ein Entgelt. Wer dann als Veranstalter keinen Eintritt verlangt, sondern die entstehenden Kosten nur über den Bier - und Bratwurstpreis versucht zu decken und dabei selbst einen Gewinn erzielen möchte, ist gezwungen, die Getränkepreise zu erhöhen.
Dieses führt natürlich dazu, dass jene Spezies aus dem " Kampftrink " - Dunstkreis, den nicht zu unterschätzenden " Anglühfaktor " drastisch erhöht und bereits vor dem ersten Osterfeuerschein den viel gerühmten " Filmriss " live erleben darf.

Wenn das Feuer-Event in der Notaufnahme des Krankenhauses endet, weil eine Alkoholvergiftung diagnostiziert wurde, in der Chirurgie wegen verschiedener Verletzungen seine Zwischenstation erfährt oder sogar die Fortsetzung vor dem Richtertisch findet, stellt sich einem kritischen Betrachter jener Verunstaltung der heidnischen Kultur in der Tat die Frage, ob Zivilisation nicht auch einen rückschrittlichen Charakter erhält. Dann nämlich, wenn aus dem Osterfeuer eine Einladung zum Treffen der Komasäufer, Müllverursacher und Eckenpinkler wird.

Da entflieht der hiervon Angewiderte alsbald in das Private und sucht die Alternative zu jener geduldeten Orgie in einem schnuckeligen Feuerchen in der geeigneten Nische des eigenen Gartens,

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Maaahlzeit!

Wie man sieht, hast du die freien Tage gemütlich zündelnd rumgebracht.

Letztens dachte ich, da ist irgendeine HTML-Panne passiert, aber siehe da, die Schrift in deinem Blog ist jetzt dauerhaft größer!?! Das ist sehr gediegen, man wird ja nicht jünger, das Auge eher trüb, hehe...

FCB geguckt? Musste zugeben: GROSSES KINO! Heute noch ein Doppelpack von Ruud, dann ist die Fussballwoche genial. Mal abwarten...

Gruß
-octa
Lobster53 hat gesagt…
Herr Nachbar, mit zunehmenden Alter muss sich der homo technicus auch an den Umstand gewöhnen, dass die von der Natur gegebenen Sinnesorgane auch dem üblichen Verschleiß unterliegen. So habe ich auch - nicht ohne Eigennutz - meiner Leserschaft ein größeres und damit leichter zu lesendes Schriftbild kredenzt.
Ja,ja,das Alter....

Als guter Deutscher habe ich selbstverständlich den Beinahe-Untergang des BRD-Rekord-Champion live am TV - Gerät verfolgt. Glück gehabt....!

Joooh, mit Ruud könnte es der Große Bruder aus dem klaren Norden schaffen. Ich drücke hierzu die Daumen.
Octapolis hat gesagt…
Hat auch ohne Nistelrooy-Tore gelangt. Auch gut.

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