Osterbäume, Ostereier,Osterhasen - ein Abbild der heidnischen Bräuche oder einfach nur abstossender Kitsch?















Ein erster Frühlingsspaziergang brachte es heute an den Tag: das Osterfest 2010 naht! Während die Supermärkte schon seit vielen Wochen ihre Auslagen mit dem - schmackhaften - Ostergedöns voll gestopft haben, verändert sich das Bild in so manchen Vorgarten, Garten oder auf der Wiese schlagartig. Jetzt werden sie wieder aus den Schränken, Truhen und Regalen hervor gekramt, jenen Accessoires der neuzeitlichen Dekorationskunst, jene Plastikkreationen, deren leuchtende Farben das noch triste braun der Sträucher, der Bäume und Büsche etwas bunter erscheinen lassen: die Ostereier mit Aufhängeschlaufen. Oft gesellen sich die Osterhasen hinzu. Die possierlich aussehenden Imitationen einer von einem stetigen Populationsrückgang gebeutelten Spezies.Wenn der Mensch ihnen schon in der Natur die angestammten Lebensräume streitig macht, dann kreiert er statt des lebenden Originals den toten Nachfolger aus PVC, Ton oder Bast. Mit Kiepe, mit Karre oder Kasten. Ein Sinnbild des schlechten Geschmacks scheitert zumindest auch hier nicht an der mangelnden Fantasie und der Triebfeder ökonomisch, kapitalistischen Handels: Profimaximierung!

Was vor vielen Jahrzehnten noch in heimischen Landen, in Fabriken und Werkstätten produziert wurde, kommt längst aus Fernost - vornehmlich aus dem Reich der Mitte. Die auf Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft basierenden Produktionsmethoden ermöglichen es, dass die kostengünstige Ware - trotzt des langen Transportweges - immerhin derart billig eingekauft werden kann, dass sie hier zu erschwinglichen Preisen als Massenartikel in jeder " Klitsche " angeboten wird. Gemäß der " Geiz ist geil " - Mentalität kann sich eine Vielzahl von Bundesbürgern jenes Schnickschnack leisten, ihn irgendwo deponierten und dann aushängen.

So lässt ich denn allen Ortes bei einem aufbauen Spaziergang über jene pervertierten Geschmacksverirrungen trefflich ablästern. Da sind die bunten Eier statt an einem Strauch, schon mal an einer Edeltanne zu bestaunen; da darf das Plastik-Osterei in den sonstigen Standardfarben, gelb, rot,grün,blau, orange, nun in durchsichtlicher Form mit leichten Farbtupfern auf der Oberfläche bestaunt werden und da hängt so mancher Ziergehölz - vornehmlich ein Essigbaum, eine Zwerg-Trauerweide oder eine Forsythie - derart voll bepackt mit buntem Gehänge, dass sich die zarten und nackigen Äste nach unten biegen.

Auch die Zeitspannen zwischen der Vorgarten - Schmückorgie und den Osterfeiertagen werden ganz offensichtlich immer länger. Während es - analog zu der Weihnachtszeit - spätestens nach einer gewissen Schamzeit von ca 8 Wochen vor oder im Neuen Jahr - für die Industrie und den Handel kein Halten mehr gibt, stimmt sich der erwartungsfrohe Gartenpflegefreund kurz danach ebenfalls auf die Konsumorgie ein. Dann stehen sie wieder in Reih und Glied, die künstlichen Hasenabbilder, da kleben dann die farbenprächtigen Osterhasen an den Scheiben der Haustüren, der Wohnzimmerfenster oder der Küche mit Blick auf die verkehrsberuhigte Straße. Lanzzahnig grinsen die Langohren den Betrachter an. Auf ihrem Rücken sind sie mit einer über dimensionierten Kiepe bewehrt, aus der die dicken, bunten Ostereier heraus gucken. Andere wiederum tragen einen ebenso großen Weidenkorb, prall gefüllt mit farbigen Eiern. Eine dritte Variante zieht einen Holzhandwagen hinter sich her, in dem sich jene Eierkreationen befinden.

Da sich über Geschmack nun einmal trefflich streiten lässt, stellt sich dem profanen Kritiker jener Brauchtumsabart die existenzielle Frage, nach der Herkunft dieses Brimboriums. Die Antwort hierauf ist so simpel, wie auch verblüffend:



" Das Färben von Eiern zu Ostern ist eine weitverbreitete christliche Tradition, die von Armenien über Russland, Griechenland, den Mittelmeerraum bis hin nach Mitteleuropa bekannt ist. In zahlreichen Spielen für Kinder sind die bunt gefärbten Ostereier begehrte Gewinne; am Morgen des Ostersonntags dürfen die Kinder versteckte Ostereier suchen.

Möglicherweise wurde die Tradition vom yezidischen Glauben, einer viertausend Jahre alten Religion, die im Gebiet des heutigen Armenien und Kurdistan weit verbreitet war, übernommen. Das yezidische Neujahrsfest ist ein Frühlingsfest und findet im April statt. Zu diesem Fest wurden seit je her Blumenschmuck und gefärbte Eier hergestellt. Auch die Anhänger Zarathustras kennen das Eierfärben. In beiden Religionen werden ähnliche Frühlingsfeste gefeiert, u. a. auch mit dem Abbrennen von Feuern und dem Darüberspringen als reinigende Zeremonie. Der Ursprung dieser Traditionen kann nicht genau datiert werden, vermutlich sind diese Rituale aber seit etwa 1700 v. Chr. bekannt.

Allgemein gilt in der Kunstgeschichte das Ei als Symbol für die Auferstehung - auf alten religiösen Gemälden meist im Hintergrund.

Das christliche Osterfest entspringt dem jüdischen Pessach-Fest.Der in neuerer Zeit entstandene Brauch, verzierte Eier zu Ostern als Freundschafts- und Liebesgabe zu verschenken, wurde durch verschiedene Anlässe angeregt und gefördert:

* Speisenweihe - Seit dem 12. Jahrhundert wurde bei der österlichen Speisenweihe um die Segnung von Eiern gebetet „...dass sie eine bekömmliche Nahrung für deine gläubigen Diener werden, die sie in Dankbarkeit und in Erinnerung an die Auferstehung des Herrn zu sich nehmen.”
* Zinsei und Eierspende - der Zehnt, die Steuerabgabe der Bauern an ihren Grundherren, der im Mittelalter im Frühling in Form von Eiern am Gründonnerstag gezahlt wurde, da es durch die Fastenzeit und gleichzeitig erhöhte Legefreudigkeit der Hennen zu einem Eierüberschuss kam (ähnlich den Martinsgänsen, die im November geschlachtet wurden, weil die Weidezeit vorbei war).
* Fasten - In der vierzigtägigen Fastenzeit vor Ostern verzichten viele Katholiken und Orthodoxe auf Fleischspeisen. Früher wurden Eier und andere tierische Produkte oft ebenfalls unter das Abstinenzgebot eingeordnet. Die stets beliebt gewesene Speise empfing man daher Ostern mit Freude zurück, ließ sie in den Kirchen weihen und verteilte sie gefärbt zu Geschenken.

Für Deutschland werden gefärbte Eier erstmals im frühen 13. Jahrhundert erwähnt. 1553 wird von roten Eiern bei der österlichen Speisenweihe berichtet. Die Bezeichnung Osterei tauchte erstmals 1615 in Straßburg auf. 1617 spricht E. Puteanus in seinem Werk Ovi Euconium von beschrifteten, bemalten und geätzten Ostereiern, desgleichen S. Frank 1682 in der Schrift Satyrae, in der auch das Verstecken der Ostereier erwähnt wird.

Bei dem von mir best gehassten Brauch, einen Baum mit Eiern zu schmücken, liegt die Historie noch nicht so weit zurück:


Das erste Mal wurde der Baum 1965 geschmückt, damals nur mit 18 Plastikeiern. Warum er mit dem Schmücken begann, schildert Initiator Volker Kraft so: Der Ursprung ist eine Kindheitserinnerung. Wenn ich früher in die Schule gegangen bin, da musste ich an einem Fliederstrauch vorbei, der zur Osterzeit geschmückt war … Und als ich Kinder hatte, da habe ich gesagt: Die bekommen jetzt auch einen Ostereierbaum. Bis 1994 stieg die Eieranzahl auf etwa 350 Stück. Mit dem Wachstum des Baumes wurden mehr Eier benötigt, die die Krafts beschafften, indem sie nahezu alle im Haushalt verwendeten Eier ausbliesen und anschließend mit verschiedenen Techniken schmückten. Gebrauchte Eier wurden nach dem Osterfest verpackt und im nächsten Jahr wiederverwendet.

Als die Kinder der Krafts erwachsen waren, verlor die Eierschau an Dynamik und gewann erst wieder Fahrt, als die inzwischen geborenen Enkelkinder in das familiäre Brauchtum eingeführt wurden. Die Zahl der Eier war bald so groß, dass der geschmückte Baum zunehmend Besucher von außerhalb der Familie anzog.

Zwischen 1994 und 2009 kamen jährlich durchschnittlich 700 Ostereier hinzu, aufgrund von Stürmen, Hagel oder Vandalismus gingen zugleich aber auch dutzende Ostereier zu Bruch (oder wurden aussortiert), wodurch jedes Ostern nur durchschnittlich 590 Eier mehr am Baum hingen. Die genaue Anzahl neuer Eier pro Jahr schwankte allerdings stark. Der Saalfelder Baum hält jedoch nicht den Rekord der meisten Ostereier. So erzielte etwa im April 2007 der Zoo Rostock mit einer Roteiche mit 76.596 ausgepusteten und bemalten Eiern einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde.

1995 wurde in der direkten Umgebung ein Ver.di-Schulungsgebäude errichtet, was dem Baum noch einmal mehr Besucher und überregionale Bekanntheit bescherte.

Der Besucherandrang nimmt seitdem kontinuierlich zu. Für 2008 ermittelte ein von Volker Kraft aus Neugierde installiertes Zählwerk – der Eintritt in den Privatgarten ist kostenlos – ca. 6000 Gäste. Auf Wunsch vieler Besucher werden von der Familie seit 2005 vor Ort und über das Internet Souvenirs angeboten.

Unklar ist nach wie vor die Herkunft des Osterhasen:


Bis heute gibt es keine endgültige Erklärung für den eierbringenden Hasen. Der Osterhase wird zum ersten Mal vom Medizinprofessor Georg Franck von Frankenau im Jahr 1682 (andere Quelle: 1678) in seiner (medizinischen) Abhandlung „De ovis paschalibus – von Oster-Eiern“ erwähnt. Er schildert den Brauch für die Region des Elsass und der angrenzenden Gebiete und ergeht sich in einer Beschreibung der negativen gesundheitlichen Folgen, die der übermäßige Verzehr dieser Eier mit sich bringe.

Die Verbindung des christlichen Osterfestes mit dem Ei als Symbol ist für verschiedene europäische Länder spätestens aus dem Mittelalter bekannt, möglicherweise auch früher anzusetzen. [2] Es gibt daneben seit Ambrosius auch eine ältere Deutung des Hasen als Auferstehungssymbol [3]. Die vielfältige christliche Hasensymbolik fand im Mittelalter in vielen Bildwerken ihren Ausdruck. [4]. Die Verbindung des Hasen mit dem österlichen Eierbrauch ist jedoch noch unklar. Folgende Hypothesen werden gerne angeführt:

1. Einige frühe bemalte Ostereier zeigen das Dreihasenbild – eine Darstellung von drei Hasen mit lediglich drei Ohren insgesamt, bei denen aufgrund der „Doppelverwendung“ von Ohren dennoch jeder Hase zwei Ohren hat; dies ist heute ein bekanntes Symbol für die Dreieinigkeit (die ursprüngliche Bedeutung ist unklar). Eventuell könnte man von dieser Darstellung auf den Hasen als Eierlieferant gekommen sein.
2. An einer Stelle der Bibel, dem Ps 104,18 EU, wird in älteren Übersetzungen von „Hasen“ gesprochen[5]. Grund dafür war die lateinische Übersetzung von Spr 30,26 EU, in der Hieronymus das hebräische "šafan" (Klippschliefer) mit "lepusculus" (Häschen) übersetzte.[6] Seit der Spätantike wurde diese Stelle als Symbol für den schwachen Menschen (Hase) interpretiert, der seine Zuflucht im Felsen (Christus) sucht. Diese Auslegung begründete die Hasensymbolik in der christlichen Ikonographie.
3. Immer noch gerne debattiert ist die etymologische Verwandtschaft des Wortes „Ostern“ mit einer nicht sicher nachgewiesenen angelsächsischen Frühlingsgöttin Eostre oder dem deutschen Äquivalent Ostara, deren Symbol Hase und Ei sein sollen. Auch die griechische Fruchtbarkeitsgöttin Aphrodite hat den Hasen als Zeichen.
4. Das Osterfest basiert auf dem Mondkalender, der erste Vollmond nach Frühlingsanfang markiert diesen Termin, der darauf folgende Sonntag ist der Ostersonntag. Der Mond wird durch den Hasen symbolisiert, auch unser Märchen vom Hasen und dem Igel basiert hierauf. Man kann im Bild des Vollmondes auch tatsächlich, mit etwas Phantasie, einen Hasen erkennen, in unseren Breiten liegt er schräg auf dem Kopf. Der Zusammenhang mit den Eiern oder der Göttin der Fruchtbarkeit ist vorher genannt.
5. Christliches Symbol des Osterfestes ist das Lamm. Der Osterhase könnte von einem mehr als schlecht gezeichneten Schaf bzw. einem „verbackenen“ Osterlamm herstammen. Dies erklärt zwar den Hasen – nicht, warum er die Eier bringt.
6. Das protestantische städtische Bürgertum entwickelte ab etwa 1700 den Brauch des Ostereiersuchens. Oft erwähnt wird die Möglichkeit einer „städtischen“ Entwicklung des Osterhasen als Erklärung für die Kinder, wo die Eier herkommen. Bauernkinder hätten eine solche Geschichte nicht geglaubt. Bei näherem Hinsehen erweist sich das jedoch als wenig stichhaltig – ein Stadtkind des 18. Jahrhunderts dürfte sehr wohl mit Hasen und Hennen vertraut gewesen sein. Dass der Osterhase eine protestantische Erfindung sei, wird dadurch erklärt, dass sich in katholischen Gegenden durch die Fastenzeit zu Ostern ein großer Bestand an Eiern angehäuft hat. Da Protestanten ihre Kinder nicht mit dem katholischen Brauch des Fastens bekannt machen wollten, hätten sie zur Erklärung dieses Phänomens den Osterhasen erfunden.
7. Ältere Aufzeichnungen erwähnten den Zehnt, welcher am Gründonnerstag in Form von landwirtschaftlichen Produkten, oft Hasen und Eier, von den Bauern entrichtet worden ist. "

Nach dem die graue Theorie abgehandelt ist, lässt die Praxis indes nicht lange auf sich warten. Flugs werde ich mir heute die Einkaufsbeutel mit den gehroteten Eiern nehmen, die milde Frühlingssonne ausnutzen und heute Nachmittag die geeigente Sträucher mit den ungeeigneten Plastikeiern verunstalten. Alle Jahre wieder!

Übrigens: Wer als gebürtiger Norddeutscher - so wie ich - ab Dezember 1985 regelmässig radio ffn gehörte hat, dem ist noch der jetzige Dauerbrenner " Das Gelbe vom Ei " gut in Erinnerung, denn den pustete der einstige " Oldie "- Sender mit Alleinvertretungsanspruch erstmalig ab 1989 zu Ostern in den Äther. Mit 750 von den Hörern gewählten Titeln, die ab Ostersamstag abgedudelt werden, stellt das Programm zwar quantitativ einen Musikmarathon dar, welcher allerdings qualitativ mehr als zu wünschen übrig lässt. Tja, dann mal vorab Frohe Ostern!Hoffentlich ohne Ohren - Magen und Gelenkschmerzen.

Kommentare

Unknown hat gesagt…
sehr informatiover Artikel !

wenn jemand auch interesse an bemalten sorbische Ostereiern zu Ostern hat, einfach mal unter www.ostereier-kaufen.de nachschauen. Hier gibt es sehr schöne Bilder und auch informationen zu den angewandten Wachstechnik


viele grüße

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