Let it bleed - Das Album der Rolling Stones begleitet mich seit 39 Jahren.


Wir schreiben die ersten beiden Wochen im Juni des Jahres 1970. Ich hatte meine ersten 13 Monate in dem Ausbildungsbetrieb absolviert.Nach anfänglichen Schwierigkeiten waren die Tage, Wochen und Monate schnell vergangen. Große Lust an der Lehre zum Einzelhandelskaufmann war mir eigentlich immer noch nicht gekommen. Auch im Elternhaus gestaltete sich nicht alles ideal.
Da kam der vom CVJM im Juni geplante Norwegen-Aufenthalt gerade zur rechten Zeit, um ein wenig Abwechselung in das öde Einerlei von häuslichem Zwang, Berufsschule und Unterordnung in der Ausbildung zu erhalten.
An einem Samstagmorgen fuhr denn die CVJM-Truppe von der Heeßer Volksschule in Richtung Autobahn los. Der Bus eines Nienstädter Unternehmens war bis zum letzten Platz belegt und die Gruppe bei bester Laune. So ging es in Richtung A 2 bis Hannover. Dort fuhren wir dann auf der A7 über Hamburg,Flensburg zur deutsch-dänischen Grenze weiter bis Hirtshals, nahmen die Fähre der Fred. Olsen Line bis Kristiansand und übernachteten in den Koten dort irgendwo auf einer Wiese am Ortsrand.

In den folgenden Tagen ging es dann weiter in die südnorwegischen Regionen über Odda,Lom in Richtung Oslo. Dort blieben wir einige Tag auf einem Groß-Campingplatz. Alsbald untersuchten wir das städtischen Umfeld. Und fanden dabei unter anderen auch einen Plattenladen. Ein willkommener Anlass, um ein wenig über Musik zu sprechen. Beim Durchstöbern der LP-Ständer fielen sie mir in die Hände: Die Rolling Stones und " Let it bleed ". Jenes Album, dass die Gruppe im Frühjahr 1969 einspielte und ab November jenes Jahres in den Handel brachten. Für etwa 70 Kronen wanderte die LP in meine Sammlung.

Ab Juli 1970 stand sie dann in einer PCV-Plattenbox über einige Jahre im Beat-Keller und wurde dort reichlich abgespielt. Später wechselte " Let it bleed " zusammen mit einigen anderen LP-Boxen den Standort, sie zogen nach Wilhelmshaven. Ab 1978 dann nach Bremen in das Zimmer " Am Dobben ", dann in das Uni-Wohnheim in der " Leobener Straße " Nr. 3 in das Zimmer 15. Von dort in die " Weizenkampstraße " Nr 81, dann in die " Waterloostraße " Nr. 50. Später über Delmenhorst,Etelsen,Süßstedt zurück nach Heeßen in den einstigen Beat-Keller. Hier lag sie denn noch einige Monate, ehe sie zu ihrem bisher letzten Aufenthalt kam: Dresden.

So, wie die Wanderung der LP über einige Jahre, Jahrzehnte und Wohnsitze verlief, entwickelte sich auch mein Leben: Es ging Wellen förmig zu. Nun, da das gute Stück mittlerweile 40 Jahre auf dem Markt ist. Höre ich die Titel auf dem 8. Album der Rolling Stones längst mit anderen Ohren.

  1. Gimme Shelter (4:30)
  2. Love in Vain (Robert Johnson) (4:19)
  3. Country Honk (3:07)
  4. Live with Me (3:33)
  5. Let It Bleed (5:27)
  6. Midnight Rambler (6:52)
  7. You Got the Silver (2:50)
  8. Monkey Man (4:11)
  9. You Can't Always Get What You Want (7:28)


" Gimme shelter " ist einst ein gängiger Diskothekentitel gewesen. Ein Stück, dass sich später in den ungezählten Live-Auftritten der " Stones " immer wieder findet.
Ein fetziger Song mit einer variierenden Gesangspassage. Mick Jagger lässt nicht nur hier erkennen,dass er einer der besten Sänger zur damaligen Zeit ist.
Leider hat das Stück aber auch einen traurigen Hintergrund. Im Dezember 1969 wurde während des " Stones "-Auftritts im amerikanischen Speedway-Stadion von Altamont ein Besucher von einem Mitglied der " Hellś Angels " erstochen, die als Sicherheitstruppe engagiert waren. In dem gleichnamigen Film werden die Einzelheiten dieses Vorfalls dokumentiert.

http://de.wikipedia.org/wiki/Gimme_Shelter_(Film)

Nach " Gimme shelter " folgt " Love in vain ". Ein ruhiges, fast Balladen artiges Lied der " Stones ". Das von Robert Johnson als Blues im Jahre 1937 erstmalig veröffentlicht wurde. Prägnant sind die Gitarren-Soli, die sich durch den Einsatz einer US-Country & Western -typischen Slide Guitar wunderbar ergänzen.
Die " Stones " haben auch dieses Stück ungezählte Male in ihrem Live-Repertoire aufgenommen. Eine Version hiervon findet sich auf der '69 Live-LP " Get yer Ya-Ya's out ".

Der dritte Titel ist eine Country-Variante des Welthits " Honky tonk woman " und wurde deshalb schlicht und einfach " Country honk " betitelt. Sehr schön wird die Fiddle von Byron Berlin, einem Studiomusiker, auf der von Jimmy Miller produzierten 8. " Stones " - LP gespielt.

Das vorletzte Stück der A - Seite heißt " Live with me ". Für mich fällt es ein wenig im Vergleich zu den übrigen Titeln ab. Vielleicht liegt es auch daran, dass dieser Song später nicht so häufig in den Live-Darbietungen der " Stones " vorkommt. Erst mit dem Film " Shine a light " von Martin Scorsese erhält der Titel ein richtig Drive und erscheint im Licht der Jahrzehnte des Bühnen und Musikerlebens der " Stones " besser. Es mag aber auch eben an der von mir eher subjetiven Wertung der Einzelstücke liegen, dass er ein wenig abfällt.

Die A-Seite endet mit dem Titelstück " Let it bleed ". Ein rhythmischer Mix aus klassischen Passagen, vor allem dann, wenn Nicky Hopkins sein Piano einbringt.
Es schwebt zum Schluss aus den - inzwischen kratzenden - Rillen heraus und dürfte zuvor den Refrain: " Get it on, rider " ein wenig unerträglich machen. Jaggers Wortspielereien mit " lean on, dream on, bleed on " sind phantastisch. Das Stück ist es - dank der exzellenten Gastmusiker - auch.

Das die B - Seite mit dem späteren Klassiker " Midnight rambler " beginnt ist selbst redend. Die " Stones " waren, sind und bleiben einige Live-Gruppe, deren Dynamik sich auch auf der Bühne voll entfalten kann. Der " Rambler " hat deshalb eine Vielzahl von Variationen über sich ergehen lassen müssen. Einen Qualitätsverlust kann der Fan auch 40 Jahre danach nicht hören. Jaggerś Gesangsakrobatik verlieh ihm immer neue Kleider, auch wenn das Aussehen der " alten " Herren längst nicht mehr das Gleiche ist. Ein fetziger Diskothekenfeger aus den 70er Jahren.

Mit " You got the silver ", einem Stück, dass im Film " Zabriskie Point " wieder auftaucht, folgt ein ruhigerer Song. Gesungen wird er von Keith Richards.
Ry Cooder spielt hier die Mandoline und lässt damit einen Hauch von Folklore - und Country - Musik einwehen.
Das Stück findet sich auch in dem Scorsese-Film " Shine a light " wieder.

http://de.wikipedia.org/wiki/Zabriskie_Point_(Film)

http://de.wikipedia.org/wiki/Shine_a_Light

Der " Monkey man " stellt den vorletzten Titel dar. Ein Song, in dem Jagger erneut seine Klasse als Sänger auf blitzen lässt. Auch wenn das Stück gerade von einem gescheiterten, kaputten, Kerl handelt,spricht es auch Bände über den zeitweiligen Zustand des " Stones "-Frontmannes.

Das letzte Stück heisst " You can' t always get want you want " und ist mit über 7 Minuten der längste Titel auf dem Album. Die choralen Zwischenspiele und der fast festliche Abspann,zeigt auch hier die Virtuosität der " Rolling Stones ". Jenes Lied habe ich regelmäßig in der Advents - , der Vorweihnachtszeit aufgelegt, weil es eben einen festlichen Charakter hat. Die " Stones " behaupten hier:


I saw her today at a reception
A glass of wine in her hand
I knew she would meet her connection
At her feet was her footloose man

No, you can't always get what you want
You can't always get what you want
You can't always get what you want
And if you try sometime you find
You get what you need

I saw her today at the reception
A glass of wine in her hand
I knew she was gonna meet her connection
At her feet was her footloose man

You can't always get what you want
You can't always get what you want
You can't always get what you want
But if you try sometimes you might find
You get what you need

Oh yeah, hey hey hey, oh...

And I went down to the demonstration
To get my fair share of abuse
Singing, "We're gonna vent our frustration
If we don't we're gonna blow a 50-amp fuse"
Sing it to me now...

You can't always get what you want
You can't always get what you want
You can't always get what you want
But if you try sometimes well you just might find
You get what you need
Oh baby, yeah, yeah!

I went down to the Chelsea drugstore
To get your prescription filled
I was standing in line with Mr. Jimmy
And man, did he look pretty ill
We decided that we would have a soda
My favorite flavor, cherry red
I sung my song to Mr. Jimmy
Yeah, and he said one word to me, and that was "dead"
I said to him

You can't always get what you want, no!
You can't always get what you want (tell ya baby)
You can't always get what you want (no)
But if you try sometimes you just might find
You get what you need
Oh yes! Woo!

You get what you need--yeah, oh baby!
Oh yeah!

I saw her today at the reception
In her glass was a bleeding man
She was practiced at the art of deception
Well I could tell by her blood-stained hands

You can't always get what you want
You can't always get what you want
You can't always get what you want
But if you try sometimes you just might find
You just might find
You get what you need

You can't always get what you want (no, no baby)
You can't always get what you want
You can't always get what you want
But if you try sometimes you just might find
You just might find
You get what you need, ah yes...

Damit endet die LP auch und driftete ins Nirgendwo ab. In die Unendlichkeit von Zeit und Raum. Für mich bleibt aber " Let it bleed " einfach nur zeitlos, weil Musik der Extra-Klasse keiner Mode und sonstigem Gedöns unterworfen ist.

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Hab gerade gesehen, dass dein Blog ziemlich genau vor 2 Tagen seinen dritten Geburtstag feierte. ;-)

Happy birthday!
Lobster53 hat gesagt…
Vielen Dank für die Blumen. Im Ernst: Ich hätte es glatt weg übersehen. Damit wird uns beiden Anti-Bloggern aber auch gezeigt, dass wir 3 Jahre älter geworden sind. Auch eine heilsame Selbsterkenntnis.
Octapolis hat gesagt…
wobei männer ja wohl kaum älter, sondern reifer werden, hehe...

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