Das Mordsdorf im Wendland oder: Was ist aus der Freien Republik von einst geworden?





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Das ZDF ist nun wahrlich kein Gralshüter der einstigen Anti-Bewegungen in der einstigen BRD. Ob nun die Berichte über die Gruppe 47, die Protestbewegung gegen die Wiederbewaffnung des Nachkriegsdeutschlands, die APO, die Anti-AKW-Protestler, die Friedensbewegung oder den Volkszählungsboykott, hier wurde von den damals streng konservativ gestimmten Herren des Zweiten immer ordentlich vom Leder gezogen, wenn es darum ging, CDU/CSU-Einstellungen, Grundwerte und das gesunde Volksempfinden zu verteidigen. Schwachmaten, wie Richard von Löwenthal hatten hier einst das Sagen. Das ZDF war durchseucht mit ergrauten Endzwanziger, die den Nationalsozialismus als eine Laune der deutschen Geschichte, des herrschenden Zeitgeistes und der notwendigen Volkserneuerung abtaten.

Die ZDF-Beiträge in den 70er - und 80er Jahren, der Hochzeit der Anti-AKW-Bewegung waren denn von der Atomlobby gesteuert und dienten der Verunglimpfung jener kritischen Verfechter eines Atomkraftwerk freien Deutschlands. Ähnlich der Energie-Mafia von damals trötete der Mainzer Karnevalverein vom Lerchenberg in das " BLÖD "-Zeitungshorn und hetzte: " Warum Atomkraftwerke? Mein Strom kommt doch aus der Steckdose!"
Damit sollten die Anti-AKWĺer als dumm hin gestellt werden. Es wurde von Berufsdemonstranten geplärrt, die Nachrichtensendungen zeigten Erdklumpen, Steine und "Mollis " werfende Vermummte. Das dieses nur eine Minorität war, wurde meistens verschwiegen.
Gezeigt, gefilmt und gegeifert wurde nur dann, wenn Gewalt im Spiel war.

Die Republik Freies Wendland war jedoch ein Hüttendorf, dass nur wenige Wochen Bestand hatte. Aufgebaut von Atomkraftgegner. Unter der Maxime: Alles ist erlaubt, es muss nur gewaltfrei sein!

http://de.wikipedia.org/wiki/Republik_Freies_Wendland

Eine politische Subkultur, die sich aus ökologisch orientierten - zumeist jungen - Menschen, so genannten Alternativen, aus Aussteigern, aus Ex - und K-Gruppen-Mitgliedern und aus Neugierigen speiste. Ein Sammelsurium an Bürger/Innen,die zwar sagten,was sie nicht wollten, jedoch auch die Annehmlichkeiten der Industriegesellschaft gerne in Anspruch nahmen. Hier liegt denn der Knackpunkt der einstigen Bewegung, deren Kritiker ihre Finger in die dann klaffende Wunde legten und polemisierten, was das Zeug hielt. Wenn der Menschenmassenzug zu den AKWs, den Wiederaufbereitungsanlagen und dem Zwischen-und Endlagern abgeschwollen war, zeigte sich eben, dass es überwiegend bürgerliche Protestler waren, die da ihren Frust gegen das normiert-industrielle Konsumleben heraus ließen.

Die Schmidt/Gescher-Regierung in Bonn ließ das Dorf in der Nähe von Gorleben mit Gewalt räumen. Es hagelte Strafverfahren gegen Aktivisten wegen Landfriedensbruch,Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte,Körperverletzung pp. Die Justiz räumte das ab, was noch davon übrig blieb. So, wie das einstige Hüttendorf an der Bohrstelle bei Gorleben vom Erdboden verschwand, so löste sich auch die Anti-AKW-Bewegung im Verlaufe der Jahre in Luft auf. Der bräsige Bimbes-Kanzler Kohl nahm die Protestbewegung dann nicht mehr ernst und gab ihr dann auch medien - technisch betrachtet den Gnadenschuss.

Fast 30 Jahre später wärmt das ZDF mit " Ein Dorf sieht Mord " jene ländliche Idylle von einst spektakulär wieder auf. Die Geschichte des Films ist relativ kurz erzählt. In einem Dorf im wendländischen, in der Nähe von Gorleben, erscheint eines Tages eine Bremer Fotografien, die sich den Bewohnern mit Lotte Feininger vorstellt. Der dickbäuchige Bürgermeister sieht darin eine Chance, über entsprechen positiv dargestellte Landschafts - und Dorffotos,den Tourismus anzukurbeln, um dem Kleinod einen moderneren, einen Zeitgeist gemäßen Touch zu verpassen. Bislang lebte das Dorf aus den Erinnerungen der 70er und 80er Jahre. Der Bürgermeister ist ein Spießer geworden, obwohl er einst zu den Anti-AKW-Aktivisten gehörte. Ebenso, wie eine dort verbliebene Pastorin, ein Autoschlosser mit Kleinbetrieb, ein Künstler,ein Schriftsteller, ein Wirt,weitere Ex-Aktivisten, die ihren Lebensunterhalt mehr schlecht als recht bestreiten. Die Bewegung von einst ist längst vergessen, ihre Ziele ebenso zerstoben. Nach mehr als 3 Dekaden hat die Konsum orientierte Gesellschaft auch jenes wendländische Dorf in den Griff bekommen, aus dem einst der Widerstand gegen die Atompolitik mit initiiert wurde.

Die Kämpfer von damals sind müde, alt geworden, bürgerlich brav in ihrem jeweils privaten Umfeld gefangen. Als der Autoschlosser und später der Künstler stirbt, fällt der Verdacht auf die Fremde, die Fotografin. Es entsteht ein Beziehungsgeflecht zwischen dem Bürgermeister, dem schreibgehemmten Schriftsteller und ihr. Die Fremde soll wieder gehen. Sie hat nur Unruhe in das vermeintliche Dorfidyll gebracht. Der Schriftsteller recherchiert in der Vergangenheit und offenbart, nachdem er mit ihr geschlafen hatte, deren wahre Identität: Sie ist die Tochter aus einer Beziehung einer der führenden Aktivistinnen der Anti-AKW-Bewegung, einer Ute Landau, mit dem Bürgermeister Wellbrock, der wiederum ein BGSler war, der auffällig - weil nackt - von den Prügelbanden von einst desertiert und zu der Bewegung überläuft, wo er wohl als Spitzel fungiert. Landau soll - weil bei ihr eine "Molli" gefunden wurde, dass ihm der Ex-BGSler und jetzige BGM unter geschoben haben könnte - damals die Bewegung verraten haben. Was aus ihr jedoch geworden ist,nachdem sie von der Gemeinschaft verstoßen wurde, bleibt ebenso schleierhaft, wie der Umstand, dass die Tochter alias Fotografin Lotte Feininger, in den Schlusshandlungen von einem weiteren Ex-Aktivisten und Dörfler mit einem Gewehr erschossen wird.

Die Handlung hat zwar insgesamt betrachtet den notwendigen intellektuellen Tiefgang, wirkt aber konfus und zudem unschlüssig. Warum soll die Anti-AKW-Bewegung von einst verraten worden sein? Die Realität sah anders aus: Eine Streitmacht von 8.000 Polizisten und Bundesgrenzschützern hat das Dorf der Republik Freies Wendland innerhalb weniger Stunden dem Erdboden gleich gemacht, alle Bewohner fest genommen, erkennungsdienstlich behandelt und dann abtransportiert. Das Gelände wurde anschließend mit einem Meter hohen Zaum versehen und ständig bewacht. Vielleicht war das dem ZDF zu politisch, zu kritisch, ja sogar zu "links ", als dass der Film, der auf dem Roman "In unnütz toller Wut" von Maarten t' Hart basiert, die damaligen Geschehnisse wirklich wieder gibt.
Auch die Begleitinformationen in der " ZDF Mediathek " sind geschönt. Eine Werbeveranstaltung der Atomindustrie,denn die Castor-Transporte liefen erst viele Jahre später, nach dem die Erprobungen Aufschluss über die Eignung des Endlagers Gorleben ergeben haben sollen. Der Protest in den 70er und 80er Jahren hat mit den späteren Aktionen nur bedingt etwas zu tun.
Seiś drum: Der Film von gestern gehört eher zu den besseren Darbietungen des Fernseh-Methusalems vom Lerchenberg mitsamt seinen CDU/CSU-Vasallen in den Gremien des verkalkten Riesen.

Was die Programmpostille " TV Spielfilm " allerdings dabei unter einer " Lebenslüge " versteht, bleibt für immer das strahlende Geheimnis der dortigen Mitarbeiter. Dass einstige "Revoluzzer" später zu angepassten Spießern und bourgeoisen Arschlöchern mutierten,deren Geltungssucht, Eitelkeiten und Konsumwahn rein gar nichts mit ihren politischen Einstellungen von damals zu tun haben, ist als bekannt voraus zu setzten. Dass aber der AKW-Protest auf einer Lebenslüge basiert dürfte quadratierte Scheiße aus dem Hirn eines Spätgeborenen sein.

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