Schwarz, schwärzer, Paderborn?


Die ARD-Serie " Bilderbuch " oder einst " Bilderbuch Deutschland hat nicht nur einen simplen Aufbau, weil dort nämlich nur Regionen gezeigt werden, die mit der BRD in einem engen Bezug stehen, nein, sie besitzt vor allem einen propagandistischen Hintergrund: Es werden nur die Sonnenseiten dort gezeigt, obwohl der lange Schatten des wirtschaftlichen, des kulturellen und des demographischen Niedergangs längst an allen Ecken und Enden sichtbar ist.

Neben exzellenten Bildern, historischer Rundreisen und eingesprenkelten Wortbeiträgen aus der normalen Bevölkerung, hat diese Serie einen weiteren Vorteil, sie wird ad infinitum fort gesetzt; notfalls lassen sich die - meist zeitlosen - Beiträge x-fach wiederholen. Das dürfte für einen geographisch interessierten Durchschnittsbürger den nicht von der Hand zu weisenden Vorteil erbringen, dass er nach dem 3., 5. oder sogar 7. Mal, endlich verstanden haben könnte, worum es in diesem Beitrag denn eigentlich geht.

Diese Frage musste ich mir auch am Mittwoch stellen, als N III aus jener Serie einen Bericht über das Paderborner Land sendete. Das die gezeigten Bilder sehr beeindruckend waren, dürfte hier eben nicht die Frage gewesen sein. Allein die Natur bietet ein Vielzahl von Motiven, die in einem derartigen Bericht über die Region rund um die Stadt Paderborn zeigenswert wären. So wurden denn ungezählte Schwenks zwischen dem städtischen Bereich, dem Umland und verschiedenen Sequenzen aus bauhistorischer Sicht produziert, um dem Rezipienten den Eindruck zu vermitteln, dass das Paderbroner Land eben sehr reizvoll sein kann. So weit, so gut!

Dass die Stadt Paderborn noch in den letzten Wochen des II. Weltkriegs nahezu um 85 % zerstört wurde, war mir bis dato so nicht geläufig. Immerhin befanden sich während des Dritten Reichs dort Rüstungsanlagen. Dass die Stadt an der Pader, einem eher kleinem, durch die Landschaft mäandernden Fluss liegt, war mir allerdings geläufig, ebenso die Tatsache, dass es sich um ein Erzbistum handelt. Nun, der Film zeigt weitere, damit verbundene Fakten, nämlich eine Vielzahl von kirchlichen Bauwerken, die inzwischen aufwendig restauriert oder wieder aufgebaut wohl oder übel zu den Schmückstücken Paderborns zählen.

So lanciert sich der Sprecher in jenem Bericht zwischen hochheiligen sakralen Bauten, deren architektonische Schönheit er über den Klee lobt und dem dann auch einmaligen Landschaftsbildern. Immer nach der Suche, möglichst wenig über den Realzustand jener Region preis geben zu müssen. Tatsächlich handelt es sich um eine der schwarzen Zipfel Deutschlands. Schwarz deshalb, weil hier die CDU im Verbund mit der Römisch - Katholischen Kirche ein Bollwerk gegen die all zu fortschrittlichen weltlichen Einflüsse seit Gründung der BRD gebildet hat, das schier unüberwindlich ist.
Die Zahlen der Wahlen zeigen dieses eindeutig:


[18][19] 2009 2004 1999 1994 1989 1984 1979 1975
Partei Sitze % Sitze % Sitze % Sitze % Sitze % Sitze % Sitze % Sitze %
CDU 29 42,97 30 52,58 32 55,29 31 49,98 n/v 49,18 n/v 53,75 n/v 62,70 n/v 64,87
SPD 13 19,17 13 21,82 15 25,21 17 28,21 n/v 28,81 n/v 25,25 n/v 29,13 n/v 28,25
Grüne 10 14,83 6 10,54 5 7,85 7 11,03 n/v 9,37 n/v 12,11 - - - -
FDP 8 12,17 4 6,57 2 4,26 0 3,77 n/v 7,62 n/v 8,82 n/v 8,16 n/v 6,87
FBI 1 3 4,38 3 4,78 4 7,40 4 7,01 n/v 5,02 n/v 0,07 - - - -
DIP 2 5 6,93 2 3,72 - - - - - - - - - - - -
Gesamt 3 68 100 58 100 58 100 59 100 n/v 100 n/v 100 n/v 100 n/v 100
Wahlbeteiligung 45,17 48,36 50,10 80,20 61,99 61,58 66,77 85,67

Die übrigen Parteien haben de facto keine Bedeutung, was sich auch an der Sitzverteilung im Stadtrat ablesen lässt:

Sitzverteilung im Rat nach der Wahl 2009
Zum Vergleich: Sitzverteilung im Rat von 2004 bis 2009

Der Paderborner Stadtrat hat gegenwärtig 68 Sitze. Die folgende Tabelle zeigt die Kommunalwahlergebnisse seit 1975.

Na, wenn das nicht eindeutig schwarz, schwärzer, Paderborn ist!

In dem Film, der ja von den GEZ-Zwangsgebühren bezahlt wird, kommt dieses Kapitel erst gar nicht vor. Immer schön ausgewogen, unverbindlich neutral und im seichten " Es wird schon werden " - Ton, so sind sie diese Lobhudel-Berichte über jene Regionen Deutschlands, die sicher landschaftlich sehr reizvoll, dennoch Problem beladen zu bezeichnen sein dürften.

Die Stadt Paderborn hat 137 Millionen € Schulden bis 31. 12. 2008 angehäuft, das entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von 950,-- €. Zusätzlich zu der Schuldenlast des Bundes. Im Vergleich zu dessen Verschwendungssucht macht dieser Betrag nur einen Bruchteil aus. dennoch: Die Stadt, die Region, der Landesteil von NRW ist wirtschaftlich nicht gut aufgestellt.

Die einstigen Zugpferde, die Nixdorf Computer AG ist längst vom Markt verschwunden. Der Konzern wurde am 01. 10. 1990 von Siemens geschluckt. Seit dem fließt die Gewerbesteuer nicht mehr so üppig in die Kassen der Stadt.

Die einst größte Herstellerin von Autobeleuchtungszubehör, die Hella AG, ist ebenfalls von den Marktschwankungen nicht verschont geblieben. Auch hier war Abspecken angesagt.

Auch bei den übrigen, den größeren ansässigen Firmen macht sich die Wirtschaftskrise bemerkbar.

Dass nun doch in dem Bericht alles in rosigen Farben gezeichnet wird, liegt eben an dem politischen Einfluss der Parteien in den Gremien der öffentlich rechtlichen Sendeanstalten - wie hier: der schwarzen CDU!

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