Winnenden, Emsdetten, Erfurt: Wann wird die Gesellschaft endlich wach?






Bereits in den Frühnachrichten um 5.30 Uhr wurde von einem Blutbad in den Orten Geneva und Samson im US-Bundesstaat Alabama berichtet, bei dem ein Amokläufer 10 Menschen und sich selbst erschossen hatte. Solche Horrormeldungen am frühen Morgen schlagen mir immer auf mein Gemüt. Gewalt, egal in welcher Ausprägung, ist für mich verabscheuungswürdig.
In den Folgestunden sollte eine weitere Tat in einem baden-württembergischen Nest namens Winnenden diese Meldung aus dem fernen Amerika sogar noch toppen.

Ein 17jähriger Ex-Schüler soll gegen 9.30 Uhr in die Realschule "Albertville" aufgesucht haben, wo er 10 Schüler und 3 Lehrer erschoß. Nachdem er einen PKW als Fluchtfahrzeug an sich nehmen konnte, erschoß er in dem 40 Kilometer entfernt liegenden Ort Wendlingen zwei weitere Menschen, ehe er selbst bei einem Schußwechsel mit der Polizei zu Tode kam.

Ein grauenhafter Ablauf, so wie er sich vor einigen Jahren in Emsdetten oder davor in Erfurt zutrug. Ex-Schüler laufen Amok und erschießen dabei Menschen. Sind es die Kolleteralschäden unserer überfrachteten Konsumgesellschaft? Oder handelt es sich dabei nur um den negativen Auswurf einer seit Jahren zu verzeichnenden Verrohung der Jugend? Die Umgangsweisen der Folgegenerationen haben sich längst dramatisch verändert.

Die sogenannte Jugendsprache ist geprägt von Verbalinjurien und einem Vokabular aus dem Fäkalbereich. Hinzu kommt eine tendeziell steigende Gewaltbereitschaft bei der Konfliktlösung. Auch die "Modeerscheinung" des " Komasaufens " gehört hier zu den negativen Ausprägungen einer Jugendkultur,deren Inhalt sich jedoch auf das Imitieren von Lebensweisen reduziert, die allesamt am Konsum und sorgenfreien Dasein orientiert sind.

Während einerseits die Leistungsgesellschaft keine Verlierer duldet,akzeptiert sie jenen Werteverfall, der dann aber nicht nur bei den jüngeren Generationen erkennbar ist. Eine Gemengelage, die dann Zukunftsangst, Perspektivlosigkeit und eine grundsätzliche Verweigerungshaltung hervor bringt. Die Auswüchse einer Konsum fixierten Erwachsenenwelt müssen quasi von der Jugend adaptiert werden,denn es gibt keine besseren Vorbilder, als die die tagtäglich vorgelebt werden. Sei es von den eigenen Eltern, über die Medien oder die Schule.

Die Gesellschaft ist nur so gut, wie jedes einzelne Glied in ihr sich nach außen zeigt. Wenn sie Amokläufer hervor bringt,so ist in deren Umfeld eben nicht alles in Ordnung, auch wenn die Fassade noch so perfekt aussieht.

So zeigt die Chronologie derartiger Gewaltexzesse,dass Winnenden nicht der erste und auch nicht der letzte Fall gewesen ist.

Winnenden, eine eher verträumte Stadt ca. 20 km nordöstlich von Stuttgart in Baden-Württemberg. Sie ist die fünftgrößte Stadt des Rems-Murr-Kreises und ein Unterzentrum im Mittelbereich Waiblingen/Fellbach der Region Stuttgart. Seit 1. Januar 1973 ist Winnenden Große Kreisstadt.
Seit heute ein weiteres Synonym für eine eiskalte Ellenbogen - und Ausblendungsgesellschaft:

Amokläufe und Gewalttaten an Schulen

Mit nur wenigen Stunden Abstand haben Amokläufer im US-Staat Alabama und an einer baden-württembergischen Realschule Blutbäder angerichtet. Zwei derartige Amokläufe innerhalb so kurzer Zeit gab es zuvor noch nicht. Ein Überblick über die schwersten Fälle.

23. September 2008: Ein 22-jähriger Berufsschüler erschießt an seiner Schule im Westen Finnlands neun Schüler und einen Lehrer. Anschließend richtet er die Waffe gegen sich selbst und erliegt später seinen Verletzungen. Erst am Vortag war er wegen Gewaltvideos von der Polizei verhört worden.

14. Februar 2008: Ein 27-jähriger ehemaliger Student erschießt an einer US-Universität bei Chicago fünf Studenten und verletzt 15 Studenten zum Teil schwer. Anschließend tötet er sich selbst.

07. November 2007: An einer Schule im finnischen Tuusula tötet ein 18-Jähriger acht Menschen. Die Bluttat hatte er zuvor in einem Video im Internet angekündigt.

16. April 2007: Ein Amokläufer richtet auf einem Uni-Campus im US-Staat Virginia ein Blutbad mit 32 Toten und mindestens 26 Verletzten an. Der Schütze nimmt sich anschließend das Leben.

20. November 2006: Mit Gewehren, Sprengfallen und Rauchbomben überfällt ein 18-Jähriger im westfälischen Emsdetten seine frühere Schule, verletzt 37 Menschen und erschießt sich danach.
: Bis dato ohne Beispiel in Deutschland war der Amoklauf am Erfurter Gutenberg-Gymnasium 2002. ]
26. April 2002: In einem Gymnasium in Erfurt (Thüringen) richtet ein Ex-Schüler ein beispielloses Blutbad an. Schwarz vermummt und schwer bewaffnet zieht der 19-Jährige durch das Gebäude und erschießt 16 Menschen - acht Lehrerinnen, vier Lehrer, eine Schülerin, einen Schüler, die Sekretärin und einen Polizisten. Dann tötet er sich selbst.

19. Februar 2002: Ein mit zwei Pistolen, drei Rohrbomben und einer Handgranate bewaffneter 22-Jähriger tötet bei einem in Eching bei München begonnenen und in Freising fortgesetzten Amoklauf drei Menschen, darunter den Rektor seiner früheren Wirtschaftsschule.

20. April 1999: Bei einem Terrorüberfall auf ihre Schule in Littleton (US-Staat Colorado) töten zwei Jugendliche mit Schusswaffen und Sprengsätzen 12 Mitschüler und einen Lehrer. 23 Personen werden verletzt. Die Attentäter begehen nach der Tat Selbstmord. Sprengfallen erschweren die Bergung der Opfer.

24. März 1998: Ein elf- und ein 13-jähriger Schüler lösen an ihrer Schule in Jonesboro (US-Staat Arkansas) falschen Feueralarm aus und richten aus dem Hinterhalt ein Blutbad an. Im Kugelhagel sterben vier Mädchen und eine Lehrerin, zehn Menschen werden schwer verletzt.

Kommentare

Minngor hat gesagt…
Sehr gut geschrieben. Ich arbeite selber in einem Gymnasium und solche Taten nehmen einen ganz schön her.
Grüsse aus einem weissen, verschneiten Stockholm

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