Von Hyakutake bis Hale-Bopp - Zwei einmalige Ereignisse an den Ostertagen 1996/1997.








Eine Meldung in den Nachrichten brachte mich zum Nachdenken. Am 17. März sollte ab 20.10 Uhr MEZ über Deutschland und auch Dresden die Raumfähre Discovery sowie die Raumstation ISS mit bloßem Auge sichtbar sein.Also, nichts wie auf den Balkon und bei kaltem Wind in den Sternenhimmel geguckt. Und, tatsächlich, für ein paar Minuten konnten ich beide künstlichen Himmelskörper erkennen. Ein winzige Lichtquelle am riesigen Firmament. Nach einigen Minuten war das Schauspiel vorbei.

Wieder zurück im warmen Wohnzimmer mit dem Kaminofen erinnerte ich mich plötzlich an die beiden Kometen Hyakutake und Hale-Bopp, die 1996 und 1997 für Furore sorgten. Sie lieferten ein unvergessenes, ein imposantes Schauspiel am Nachthimmel und sorgten für ungezählte Schlagzeilen in den Printmedien. Diese berichteten über Massenhysterien und Suiziden, eine enorme Zahl von klerikalen Spinnern, Scharlatanen sowie selbst ernannte Weissager, sonderte enormen geistigen Sondermüll ab, um sich wichtig zu machen. Mich haben jene Schwätzer weder damals interessiert, noch habe ich in den beiden Himmelserscheinugen mehr gesehen, als sie de facto waren: zwei Kometen, die in einer großen Entfernung an der Erde vorbei rasten.

Meine Gedanken bewegten sich um die Osterfeiertage 1996 und 1997, den 7/8. April und den 30./31. März. Es waren die üblichen Osterfeuer, die - entsprechend der althergebrachten Bräuche - eben an jenen Tagen für Hundertausenden von Veranstaltungen vorbereitet, angezündet und zum Lodern gebracht wurden. Es war auch 1997 ein Osterfeuer, das der Betreiber eines Privat-Pferdehofes für seine Einsteller und deren Anhang veranstaltete,an das ich mich im Zusammenhang mit den beiden benannten Kometen noch sehr gut erinnern kann. Eine eher kleine Runde von höchsten 25 bis 30 Personen fand sich an jenem Ostersamstag, den 29. März 1996 in den Abendstunden ein. Wir saßen auf Strohballen und tranken Bier. Eine Unterhaltung kam kaum zustande, weil die Anwesenden doch zu verschieden waren. Ich war deshalb ein wenig missmutig. Was sollte dieses Treffen nun eigentlich bewirken?

So genehmigte ich mir an jenem besagten Samstag vor Ostern 1996 einige Biere, genauer es war Haake Beck Pils in 0,33 l -Flaschen. Der Bierkonsum machte den Abend zwar auch nicht interessanter, dafür wurde mir etwas wärmer, denn die Temperaturen lagen bei allenfalls 10 Grad. Das Feuer wärmte auch nicht so recht und ich schaute eher teilnahmslos in die Glut. Von einem Strohballen plärrte ein Kasettenradio die BRAVO-Hits '96 mit einer nervigen Monotonie ab. Der Abend, das Osterfeuer, zum Gähnen!

Das wurde auch nach dem 5ten oder 6ten Haake Beck Pils nicht anders. Ich hatte schon leichte Ausfallerscheinungen und begann wohl auch ein wenig zu lallen. Das Bier - eine fürchterliche Brühe, stieg mir langsam in den Kopf, es vernebelte mein Hirn, verursachte unkoordinierte Gedankengänge. Als die Nacht längst herauf gezogen war, erschien er, der Komet des Jahres 1996, Mr. Hale-Bopp. Er zog einen enormen Schweif nach sich, bestehend aus einer Gaswolke, innerhalb derer unzählige Teilchen oder Stoffe umher flogen. Ein einmaliges Schauspiel, ein Jahrtausendereignis,dass weder ich, meine Tochter oder meine Urururururururur...enkel erneut erleben können, denn Monsieur Hale-Bopp erscheint erst in 2400 Jahren wieder am Nachthimmel zu sehen sein, genauer:Der Komet Hale-Bopp wird ungefähr im Jahr 4380 zurückkehren.

OSTERN: Die beste Zeit für Hale-Bopp!

Die beste Sichtbarkeit für Laien wurde zu Ostern 1997 und in der auf Ostern folgenden Woche erreicht. Ab Mittwoch vor Ostern zog sich der Mond vom Abendhimmel zurück. Deshalb wurde der Himmel wieder richtig dunkel, was besonders dem Schweif zugute kam. Dann war Hale-Bopp am Abend bei Einbruch der Nacht zwei bis drei Handbreit über dem Nordwesthorizont zu sehen. Nur Mars, der gerade im Osten aufgegangen war und der hellste Fixstern Sirius waren noch heller als der Komet. Der Schweif war nicht so lang wie der von Hyakutake, dafür konnte man gut zwischen Gas- und Staubschweif unterscheiden. Die große Flächenhelligkeit des Staubschweifes machte eine Beobachtung auch unter nur mäßigen Bedingungen möglich.
Am Ostermontag stand der Komet bei Einbruch der Nacht um ca 21:30 Sommerzeit hoch und unübersehbar über dem Nordwesthorizont. In der nach einem Kaltlufteinbruch klaren Luft konnten von einem dunkleren Standort Gas und Staubschweif klar unterschieden und über etwa 10 Grad verfolgt werden. Während die Nachtstunden verstrichen, bewegte sich der Komet auf den Nordhorizont zu, den er etwa um 2:30 berührte. Dann steigt er langsam wieder Richtung Osten auf. Als sich der erste Silberstreifen am Horizont zeigt, hatte Hale-Bopp etwas mehr als eine Handbreit an Höhe gewonnen.

Erste Aprilhälfte

Am Abendhimmel änderte sich nicht viel. Der Komet war ab 21 Uhr Richtung Nordwesten ausgezeichnet zu beobachten, denn die Helligkeit, Höhe über dem Horizont sowie Schweiflänge gingen kaum zurück. Vom Morgenhimmel hingegen zog sich der Komet zurück.

Dann gab es noch einen weiteren, nicht so spektakulären Freund aus den Weiten des Alls, der uns seinen Schweif zeigte, nämlich:


Komet Hyakutake

Der vom Japaner Yuji Hyakutake entdeckte Komet C/1996 B2 (Hyakutake) passierte am 25. März 1996 die Erde in nur 15 Mio km Distanz (Distanz Erde-Sonne = 150 Mio km). Damals war er eine eindrückliche Erscheinung am Nachthimmel und Alan Hale, einer der Entdecker des Kometen Hale-Bopp, nennt ihn völlig zu recht den grossen Komet von 1996. Am Wochenende des 23./24. März erreichte die für jederman sichtbare Schweiflänge 20 Grad. Wer von einem dunklen klaren Standort aus beobachtete, konnte mindestens die doppelte Schweiflänge beobachten. Danach war der Komet noch während fast des ganzen Monat April am Abendhimmel zu sehen. Allerdings war er dann nicht mehr sehr auffällig. Das Perihel (sonnennächster Bahnpunkt, 35 Mio km) wurde am 1. Mai durchlaufen. Da der Komet anschließend südwärts wanderte, wurde er für die Nordhalbkugel unbeobachtbar.
Erst in ferner Zukunft, im Jahr 20500, wird Hyakutake erneut in Sonnen- und damit auch in Erdnähe kommen.

Unendlich Entfernungen, unendliche Zeiten, unendlich Weiten des Weltalls. Wie klein die Erde in Wahrheit ist, wurde mir beim Schreiben des Posts einmal mehr bewusst. Ein Sandkorn in sämtlichen Wüsten dieser Erde, wäre ein nur annähernder Vergleich.

Ob ich je wieder zwei derartige Schauspiele mit eigenem Auge sehen werde, wie einst 1996 und 1997, ist fraglich. Und ich habe mich damals mit billigem Bier betrunken. Aber auch danach unsere beiden schönen Freunde aus fernen Weiten kaum beachtet. Okay, das Nachrichtenmagazin " Der SPIEGEL " hatte einige Artikel hierüber veröffentlicht. Eigentlich aber nur totes Material.

So saß ich auf dem Strohballen am Ostersamstag und starrte im leicht angesäuselten Zustand in den Nachthimmel, sah, wie H-B an HB und an der Erde vorbei rauschte. Meine Nachbarin hatte mich sogar noch auf das Himmelsspektakel hinweisen müssen. " Da kommt der Komet!" oder so ähnlich sagte sie zu mir und tippte auf meine Schulter. Eine nette Frau, leider vom Alter schon etwas außerhalb meiner Palette. Immerhin, wir unterhielten uns nun ein wenig, bis ihr Gatte zurück kam.
So wankte ich dann mit meiner Ex-Frau und Tochter in Richtung PKW. Über die kalten Wiesen, auf denen zuvor die Pferde geweidet hatten, über einen Feldweg, einen Zaun entlang.

Am nächsten Morgen war der Rausch verflogen, der Alltag hatte mich wieder eingeholt und Ostern 1997 war angebrochen. Ich hatte einen Besuch bei dem Schwiegervater und meinen Eltern noch zu überstehen. Auf Wiedersehen Hyakutake, bye, bye Hale-Bopp!

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