Wenn der Staat statt Freiheit das Lager Freistatt gestattet. Heimkinder in den 50er bis 70er Jahre waren billige Arbeitskräfte.






Es geschah in den frühen 50er Jahren. Zu jener Zeit also, als die Welt für den kriegsgebeutelten Deutschen wieder in Ordnung zu geraten schien. Die Aufbaujahren waren im vollen Gange, es ging auch aufwärts - für viele Westdeutsche jedenfalls. Die nationalsozialistische Ära hatte dennoch tiefe Spuren in der Gesellschaft hintrlassen. Die Wunden des Mörderregimes schienen nicht einmal ansatzweise vernarbt. Trotzdem drängten Politik, Kirche und Gesellschaft auf den Einsatz unverrückbarer Normen und Wertmaßstäbe. Wer hier nicht mitzog, wer aus dem Rahmen fiel, wer nicht konform lief, mit dem Regelwerk, der wurde alsbald dafür bestraft.

Kinder, die nicht funktionieren wollten erhielten die Drohung: "Wenn du nicht artig bist, stecken wir dich in ein Heim!". Ja, ein Heim! Eine Anstalt für schwererziehbare Kinder und Jugendliche. Was einst als Drohgebärde den - meist unbotmäßigen - Kindern, um sie zur Räson zu bringen, durch die Erwachsenen aufgetischt wurde, stellt sich für mehr als 500.000 Betroffene als realer Albtraum dar. Ab 1945 bis 1970 erlitten die Heimzöglinge ihre geistig-moralische Abreibung in den Anstalten der Amtskirchen. Viele mussten dort wie Lohnsklaven arbeiten. Die weiblichen Zöglinge in den Nähereien, Wäschereien oder Werkstätten, in denen u.a. handgemachte Geschenkartikel hergestellt wurden. Die männlichen Sklaven schufteten in Mooren, in Fabrik ähnlichen Räumen oder in den Anstalteneinrichtungen selbst. Es gab weder Freizeit, noch Intimsphäre oder Kontakt nach außen. Es waren Gefängnisse, in denen die Zöglinge eingesperrt, ausgenutzt und missbraucht wurden.
Ob es nun die angeblichen Vertreter Gottes im Priester oder Pastorenrock, die Nonnen oder Novizinnen in Gotteskleidung oder die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der staatlichen Fürsorge, sie alle hielten durch ihr individuelles Dazutung, ihren persönlichen Beitrag an der Aufrechterhaltung dieses Unrechtregimentes im Namen Gottes.

Briefe wurden zensiert, rechtswidrig geöffnet und erst gar nicht an die Adressaten versandt. Die Persönlichkeit der Insassen wurde mit Füßen, Stöcken und anderen Sanktionen malträtiert - sie wurde systematisch gebrochen. Alles im Namen des Herrn!
Ein Entrinnen gab es nur, wenn die Kinder und Jugendliche von Eltern, Elternteilen oder Verwandten aus dieser Hölle heraus geholt wurden.
Oft erst nach dem 21. oder später dem

Die Zeit des Aufbruchs in den 60er und 70er Jahren führte zu einer kritischen Auseinandersetzung mit diesen Einrichtungen und schließlich zu ihrer sukzessiven Abschaffung. Wenn nun eine mediale Öffentlichkeit nach über 3 oder 4 Jahrzehnten jene damaligen Zustände in den Fürsorgeheimen zu rekapitulieren und auch teilweise an den Pranger zu stellen, so ist es dafür eigentlich längst zu spät. Die Opfer dieses Heim-Terrors sind längst jenseits der 60 oder sogar viele Jahre vorher schon verstorben. Hier wird eine Leiche aus dem Keller geholt, deren Ableben mit dem Beginn der gesellschaftlichen Erneuerung, des gesellschaftlichen Selbstreinigungsprozesses bereits zu registrieren war.
Dennoch hat es die Politik und die Gesellschaft nicht fertig gebracht, für die Zwangsinternierten eine Entschädigung zu zahlen. Von einer Entschuldigung durch die Amtskirchen kann auch keine Rede sein. Schnell mit dem Staubtuch herüber wischen und die alten Schmutzanhaftung sind verschwunden? Nein, so einfach darf es sich dieses Land auch nicht machen. Zumal das schreiende Unrecht nicht nur im "Westen" der Republik existent war.

Wenn jetzt Forderungen nach einer endgültig Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der deutschen Nachkriegsgeschichte immer lauter werden, dann doch nur, weil sie nie abgschlossen war.

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